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Die Schulreform ist auf einem guten Weg, es muss aber noch nachjustiert werden.

© dpa

Knirschende Statik: Die Berliner Schulreform ist noch nicht vollendet

Die Schulreform zeigt erste Wirkungen. Der Ansturm auf die Sekundarschulen macht aber vor allem deutlich, wie weit Reformtheorie und Schulwirklichkeit auseinander klaffen.

So wollten wir es doch. Jedem Kind seine Chance, zum Abitur zu kommen, unabhängig von sozialer Herkunft: auf unterschiedlichen Wegen, je nach persönlichem Talent und individuellem Lerntempo. Entweder das Abitur nach zwölf Jahren auf dem Gymnasium oder nach 13 Jahren auf der Sekundarschule. Dafür hat Berlin in einem Reformkraftakt die Hauptschule beerdigt für ein zweigliedriges System.

Wenn Hunderte von Sechstklässlern kurz vor den großen Ferien noch nicht wissen, auf welche Sekundarschule sie danach gehen, ist das für die betroffenen Jugendlichen bedauerlich. Zugleich könnte man das als Erfolg sehen. Viele Sekundarschulen sind inzwischen so attraktiv, dass es mehr Anmeldungen als Plätze gibt. Als grundlos hat sich die Befürchtung erwiesen, dass im neuen Gewand die alten Restschulen überdauern würden. Es passt ins Bild, dass gleichzeitig die Zahl der Anmeldungen an den Gymnasien sinkt. Den Schülern, die jetzt auf einen Platz an ihrer gewünschten Sekundarschule hoffen, hilft das freilich so wenig wie der Glauben, die Schulreform sei vollendet.

Tatsächlich belegt das nur, wie Eltern auf eine als unbefriedigend empfundene Schulwirklichkeit reagieren, die mit der Reformtheorie kollidiert. Der Stress des doppelten Abiturjahrgangs und die Erfahrungen mit dem Turbo-Abitur lassen Eltern ihre Kinder auf gute Sekundarschulen anmelden, damit sie in 13 Jahren ihr Abitur machen. Ungewollt werden damit aber an den nachgefragten Sekundarschulen jene Kinder verdrängt, die nicht die guten Noten bildungsnaher Kinder haben.

Wer den Forderungen von Gymnasiallehrern, ihre Schulen benötigten nun mehr Unterstützung, Ideologie unterstellt, tut ihnen unrecht. Die noch auf Jahre hin knirschende Statik des neuen Berliner Schulsystems muss vielmehr an mehreren Stellen nachjustiert werden. Die Sekundarschulen benötigen weiterhin zusätzliche Kräfte, um alle Kinder erfolgreich auf den Weg zum Abitur zu bringen. Das Gymnasium aber darf dabei nicht vernachlässigt werden. Sonst werden beide dem richtigen Ziel nicht gerecht werden, auf getrennten Wegen zum Abitur zu führen.

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