zum Hauptinhalt
So sehen keine Freunde aus: Die Parteichefs Sigmar Gabriel (im Hintergrund) und Klaus Ernst beharken sich derzeit gegenseitig.

© dpa

SPD und Linke: Abrüsten in der Sommerpause

Nach der Bundespräsidentenwahl sind die Differenzen in der Opposition gewachsen. Junge Sozialdemokraten sind unzufrieden mit der Ausgrenzungspolitik ihrer Partei gegen die Linke.

Berlin - Unmittelbar nach der Bundesversammlung setzen die Schuldzuweisungen ein. Gerade hatte die schwarz-gelbe Koalition eine schwere Schlappe erlitten, ihr Kandidat Christian Wulff war trotz komfortabler Mehrheit von Union und FDP erst im dritten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt wurden, da begannen die Raufereien innerhalb der Opposition. Die Linke sei unfähig, sich „von ihrem alten SED- und Stasi-Erbe“ zu trennen, schimpfte SPD-Chef Sigmar Gabriel mit Blick auf die Weigerung der Linkspartei, den rot-grünen Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck mitzuwählen. Gabriel sei ein „unberechenbarer Krawallmacher“, holzte der Linken-Vorsitzende Klaus Ernst zurück.

In den Tagen nach der Bundespräsidentenwahl ist noch einmal sichtbar geworden, was sich bereits nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gezeigt hatte: Die Differenzen zwischen dem Führungspersonal von SPD und Grünen auf der einen und der Linken auf der anderen Seite sind gewachsen. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sieht eine rot-rot-grüne Koalition im Bund „in weite Ferne gerückt“. Auch der Versuch des Linken- Vorsitzenden Ernst, mit der Forderung nach einem „Oppositionsgipfel“ wieder versöhnliche Töne anzuschlagen, wurden von Gabriel als „Ausdruck äußerster Hilflosigkeit“ abgeblockt.

Dass ihre Spitzen so auf Distanz zur Linken gehen, passt einigen jüngeren Abgeordneten nicht, die weiter an einer Linksoption auf Bundesebene für 2013 arbeiten wollen. So mahnt etwa der Grünen-Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick, die Linke nicht auszugrenzen. In der Bundesversammlung habe sich zwar gezeigt, dass die Linkspartei Schwierigkeiten damit habe, Verantwortung zu übernehmen. „Es bringt uns nichts, wenn die Linke in der Schmuddelecke bleibt – wir müssen sie weiter in die Verantwortung nehmen“, fordert Schick. Die drei Oppositionsparteien seien bislang dann erfolgreich gewesen, wenn sie Dinge gemeinsam vorangebracht und nicht auf „parteipolitisches Kalkül“ gesetzt hätten, sagt Schick. Und nennt als Beispiel die Finanztransaktionssteuer. „Da ist es uns gelungen, die Regierung zu treiben.“ Auch der frühere Juso-Chef Björn Böhning mahnt SPD, Grüne und Linke, sich nicht während der Sommerpause in der Opposition zu streiten. „Alle sollten jetzt mal abrüsten“, fordert er. Der SPD-Linke sieht allerdings auch noch viel Arbeit auf alle drei Parteien zukommen. Ein linkes Bündnis müsse auch ein gemeinsames inhaltliches Projekt haben. „Das ist noch nicht entwickelt worden.“

Trotz der aktuellen Misstöne sieht der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe grundsätzlich eine Annäherung. „Es ist einfacher geworden, miteinander zu reden. Die tiefen Verletzungen aus der Vergangenheit sind bei vielen nicht mehr vorhanden.“ In den Ausschüssen komme es schon jetzt vor, dass die SPD auch Linken-Anträgen zustimme.

Schwabe, der zu einer Gruppe junger Parlamentarier von SPD, Linken und Grünen gehört, die Diskussionen über Rot- Rot-Grün 2013 vorantreiben wollen, sagt allerdings auch, dies werde nur gelingen, wenn man über konkrete Inhalte rede. Um perspektivisch zusammenarbeiten zu können, müssten die Klärungsprozesse in der Linken beschleunigt werden. „Bei der Vergangenheitsbewältigung liegt der Ball im Spielfeld der Linken. Dass die Linkspartei in die Defensive geraten ist, hat die Bundesversammlung gezeigt.“

Linken-Chefin Gesine Lötzsch setzt jedenfalls darauf, „dass alle Beteiligten die Sommerpause zur Entspannung und zum verbalen Abrüsten nutzen“. Ihr Ziel: im Herbst gemeinsame Gespräche darüber zu führen, „wie wir dem Sozialraub in diesem Land entgegentreten können“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false