zum Hauptinhalt
Ein Trio, das an einem Strang zieht? Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und (vorne) Finanzminister Christian Lindner.

© dpa/Kay Nietfeld

Ampel-Streit um den Etat: Der Tanz zu dritt ist selten einfach

Beim Aufstellen des nächsten Bundeshaushalts macht die Koalition keine gute Figur. Eigenprofilierung ist wichtiger als Regierungsdisziplin.

Ein Kommentar von Albert Funk

Eines wissen wir mittlerweile: Die Ampel ist alles andere als eine Wohlfühlkoalition. Auch bei der Aufstellung des Bundeshaushalts für 2024, seit Monaten ein Streitthema, quälen sich SPD, Grüne und FDP nicht nur gemeinsam, sondern auch gegenseitig.

Am 5. Juli soll der Gesetzentwurf, zu dem es erstmals seit vielen Jahren vorab keine Eckwerte gab, im Kabinett beschlossen werden. Schon geht das Gerücht um, es werde vielleicht so kommen wie beim massiv strittigen Heizungsgesetz – mit dem Unterschied, dass jetzt die Grünen nur zustimmen, weil sie in einer Protokollerklärung (wie zuvor die FDP) dem Ja ein verkapptes Nein hinzufügen dürfen.

Am meisten leidet Christian Lindner. Aber er scheint es gern zu tun. Seine „Erkenntnis des Tages“ vom Donnerstag, nach wohl wieder schweren Verhandlungen auf Twitter mitgeteilt: „Die einen verstehen unter soliden Finanzen, einfach Steuern oder Schulden zu erhöhen, um die Einnahmen an die Wünsche anzupassen. Für die anderen ist ,Sparen‘ ein abstrakter Vorgang, der an jeder konkreten Stelle ,unmöglich‘ oder ,zur falschen Zeit‘ ist.“

Nichts ist beschlossen, bevor alles beschlossen ist

Die einen die Grünen, die anderen die SPD? Mutmaßlich. Doch wo ist die FDP? Die Etatverhandlungen der Ampel wirken mittlerweile, als ob verfeindete Parteien Tarifgespräche führen. Mit dem Finanzminister als Sachwalter roter FDP-Linien (bei Schulden und Steuern) und dem Kanzler neuerdings als internem Schlichter, obwohl er Partei ist.

Nichts ist beschlossen, bevor alles beschlossen ist. So ist Politik zwar, und bis zu einem gewissen Punkt ist das auch nachvollziehbar. Man darf, wenn man etwas durchsetzen will, nicht zu früh nachgeben.

Aber ein Etatverfahren kann so nicht funktionieren, weil es dafür einen Zeitplan gibt und geben muss (das ist der Unterschied zu jedem einfachen Gesetz wie dem zur Heizungswende). Im Frühjahr Eckwerte als Auftakt, danach Feinschliff zwischen und in den Ressorts, vor der Sommerpause ein Gesetzentwurf der Regierung, um dem Parlament, dem Haushaltsgesetzgeber, Gelegenheit zu geben, das Zahlenwerk bis November zu prüfen, zu ändern, anders zu gewichten. Und dann der Parlamentsbeschluss vor dem Jahresende.

In allen Phasen gehört Öffentlichkeit dazu, woran es die Ampel leider hapern lässt. Man gibt sich dem Streit in Hinterzimmern hin, als ob das Regieren eine Selbstbeschäftigung wäre und die Eigenprofilierung alles (gerade bei Lindner).

Der Etat einer Koalition ist naturgemäß kompromisshaft, und ein Tanz zu dritt ist schwieriger als der zu zweit. Aber eine Koalition, die nach außen wirkt, als ob sie den Takt nicht halten kann – die kommt nicht an. Etatpolitik mag nicht das Feld für große Schlagzeilen sein. Aber Etatpolitik ist die Basis für alles. Und da macht die Ampel einfach keine gute Figur.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false