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Das deutsch-niederländische Korps gibt es schon seit 1995.

© dpa/Guido Kirchner

Auf dem Weg zur Verteidigungsunion: Gesamtes Heer der Niederlande ist jetzt der Bundeswehr unterstellt

Die deutsche und die niederländische Armee waren sich schon länger einig, dass sie eine „Tiefenintegration“ anstreben. Nun ist sie offiziell.

| Update:

Die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit dem Königlichen Heer erreicht eine neue Stufe. Zwar wurde das deutsch-niederländische Korps im nordrhein-westfälischen Münster schon im Jahr 1995 aufgestellt. Und neun Jahre später wurde die 11. Luftbewegliche Brigade der niederländischen Armee in die deutsche Division Schnelle Kräfte eingebunden – eine weitere Brigade folgte.

Nun aber ist der nächste Schritt gefolgt, den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits am Montag am Rande der deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam als „Meilenstein“ bezeichnete: „Die weitreichende gegenseitige Integration unserer Streitkräfte ist einzigartig in Europa.“

Der Rokokogarten des Residenzschlosses im fränkischen Veitshöchheim bot am späten Donnerstagnachmittag die prächtige Kulisse für eine Zeremonie nicht nur symbolischer Natur. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) unterschrieb zusammen mit seiner Amtskollegin Kajsa Ollongren eine Vereinbarung, die die Integration der niederländischen 13. Leichten Brigade in die 10. Panzerdivision der Bundeswehr vorsieht, die in Veitshöchheim beheimatet ist. Das feierliche Prozedere folgte direkt im Anschluss.

Zurück geht das auf ein kaum wahrgenommenes Treffen der Generäle beider Länder Anfang Dezember in Dresden. Dort unterzeichneten der deutsche Heeresinspekteur Alfons Mais und sein niederländisches Pendant Martin Wijnen eine „Army Vision“, eine Art Fahrplan dafür, wie es gemeinsam weitergehen soll.

„Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine“, teilte die Bundeswehr damals mit, „hat das Umdenken beschleunigt, die militärische Verteidigungsbereitschaft Europas als gemeinsame Aufgabe anzugehen.“ Daher hätten sich beide Landstreitkräfte „zu einer Tiefenintegration entschlossen“.

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Eine Strategie, ein Einkauf

Konkret geht es um Vorhaben, die nicht sofort spektakulär wirken: Die Zahl an Austauschoffizieren wird erhöht. Vorschriften werden weiter angeglichen, damit der Mechaniker des einen auch am Gerät des anderen Landes herumschrauben darf. In der Ukraine zeigte sich, dass die gemeinsam gelieferten Panzerhaubitzen 2000 im eigenen Betrieb so angepasst worden waren, dass sie nicht miteinander kommunizieren konnten.

Nun sollen, wie ein Sprecher des Heeres dem Tagesspiegel sagte, „künftig öfter identische oder mindestens kompatible Landsysteme gekauft werden, sodass die Interoperabilität der beiden Heere noch weiter verbessert werden kann“. Dasselbe gilt für Doktrinen und Konzepte.

Die ganz neue Qualität liegt aber nun eben darin begründet, dass das niederländische Heer quasi in der Bundeswehr aufgeht. Das ist für Deutschland, aber mehr noch für die Niederlande ein historischer „Meilenstein“, wie das „NRC Handelsblad“ bereits Anfang Februar schrieb, weil „demnächst alle niederländischen Brigaden einer deutschen Division unterstellt sind“.

Keine zwei anderen Nato-Staaten kooperierten so eng, da nun „die großen Gefechtsverbände der deutschen und niederländischen Landstreitkräfte vollständig zusammengeführt werden“. Die Zeitung zitierte den Kommandanten Jean-Paul Duckers mit den Worten: „Viele Menschen realisieren noch gar nicht, wie einzigartig das ist, was wir hier tun.“

Kanzler Scholz kündigte zu Wochenbeginn weitere Integrationsschritte an. Die Integration des niederländischen Heeres sei ein „Ansporn, die gegenseitige Verschränkung unserer militärischen Strukturen und unsere Rüstungskooperation fortzusetzen und auch weiter zu intensivieren“. 

Viele Menschen realisieren noch gar nicht, wie einzigartig das ist, was wir hier tun.

Jean-Paul Duckers, niederländischer Kommandant

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Den Haag hatte dem Tagesspiegel die Pläne bereits Anfang Februar bestätigt. „Wir haben viele Jahre gemeinsam geübt und zusammen Einsätze durchgeführt“, sagte der Sprecher unter Hinweis darauf, dass beispielsweise auch die Bundeswehrpräsenz in Litauen mit den niederländischen Kräften abgestimmt ist: „Das ist jetzt der nächste logische Schritt.“

Er verwies auch darauf, dass es sich nicht nur um eine Einbahnstraße handelt: So sei etwa auch eine deutsche Luftabwehreinheit in die niederländische Struktur integriert worden.

Getrennt entschieden soll auch weiterhin darüber, ob die eigenen Soldatinnen und Soldaten in den Einsatz geschickt werden. „Wir glauben nicht, dass das zu einer europäischen Armee führen wird“, heißt es deshalb aus dem Haager Ministerium. Die Aufgabenteilung aber wird sich aber immer weiter ntensivieren, da die Niederlande beispielsweise nun schon seit vielen Jahren keine eigenen Panzer kaufen, sondern auf die Leopard-2-Einheiten der Bundeswehr vertrauen.

„Das ist der Weg zu einer europäischen Verteidigungsunion“, sagte die damalige Verteidigungsministerin und heutige EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schon zum entsprechenden Abkommen von 2016 – das neue, das am Donnerstag unterzeichnet worden ist, schildert ihn noch genauer aus.

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