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Polizisten sind bei einer Versammlung vor dem Sitzungsgebäude des Kreistages im Einsatz.

© dpa/Malte Behnk

Update

Ausschreitungen bei Protest gegen Flüchtlingsheim : Demonstranten wollten Kreistagssitzung in Grevesmühlen stürmen

Im mecklenburgischen Upahl soll eine temporäre Unterkunft für 400 Geflüchtete geschaffen werden. Am Abend demonstrierten Hunderte Menschen dagegen, darunter Rechtsextreme.

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Bei einem Protest gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft hat es in Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern Ausschreitungen gegeben. Wie die Polizei in Wismar am späten Donnerstag mitteilte, versammelten sich anlässlich einer außerordentlichen Kreistagssitzung des zuständigen Landkreises Nordwestmecklenburg bis zu 700 Menschen vor dem Tagungsgebäude, um gegen die Unterkunft in der kleinen Gemeinde Upahl zu demonstrieren.

Den Angaben zufolge versuchte „ein Teil der Versammlung“, sich Zutritt zum Gebäude zu verschaffen, wurde allerdings von Polizisten daran gehindert und zurückgedrängt. Dabei habe sich die Polizei „verbalen Aggressionen“ ausgesetzt gesehen.

Im Versammlungsraum selbst sei zudem von Unbekannten mehrfach Pyrotechnik gezündet worden. Die Versammlung selbst war demnach angemeldet, Polizisten waren vor Ort. Nach Angaben des Landkreises stimmte der Kreistag dem Bau der Containerunterkunft auf seiner Sitzung am Ende mit einem knappen Ergebnis zu. Andere Anträge, die den Stopp des Projekts oder eine geringere Belegungskapazität des Heims gefordert hatten, wurden zuvor abgelehnt.

Die Polizei war zunächst mit 60 Kräften im Einsatz und stockte im Laufe des Abends auf über hundert Beamte auf. Darunter Bereitschaftspolizei aus Neubrandenburg und Rostock. Eine NDR-Reporterin sprach von „bedrohlichen Szenen“, als Demonstranten versuchten, in das Gebäude des Kreistags einzudringen. Auf Fernsehbildern des norddeutschen Senders waren behelmte Polizisten zu sehen, die im Inneren des Gebäudes die Sitzung der Kommunalpolitiker schützten.

Die Polizei leitete Ermittlungsverfahren wegen schweren Hausfriedensbruchs und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz ein. Wegen der Feuerwerkskörper laufen Ordnungswidrigkeitsverfahren. Die Versammlung wurde schließlich durch den Versammlungsleiter beendet.

Nach Polizeiangaben befanden sich im Teilnehmerspektrum des Protests auch zahlreiche Personen, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden. Nach Tagesspiegel-Informationen wurde in der regionalen Neonazi-Szene zuvor für die Demonstration mobilisiert. Auf dem Messengerdienst Telegram war ein Aufruf der rechtsextremen Gruppierung „Freies MV“ zu lesen, in der unterschwellig für eine Stürmung des Kreistags geworben wurde.

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Die Grüne Jugend Mecklenburg-Vorpommern sprach von einem Angriff von Rechtsextremen. „Rassistische Parolen, Fackeln und der Versuch, den Sitzungsraum zu stürmen, haben nichts mit legitimen Protest zu tun, sondern strotzen ausschließlich vor Menschenverachtung“, hieß es in einer Erklärung.

Der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg, Tino Schomann (CDU), sieht angesichts der Proteste den Bund in der Pflicht. In den ARD-„Tagesthemen“ sagte er am Freitagabend, sein Landkreis wisse nicht mehr, „wo wir die Menschen lassen können“, und äußerte Verständnis für den Protest gegen die Errichtung eines Containerdorfes für bis zu 400 Menschen in der 1.600 Einwohner zählenden Gemeinde Upahl.

Der Bund müsse die Lage der Kommunen erkennen, begrenzen und steuern, die illegale Migration stoppen und „die Abschiebeoffensive endlich starten“. Schomann schilderte die kurzfristige Entscheidung des Kreistages für die Errichtung des Containerdorfes als zwangsläufig, um zu vermeiden, weitere Sporthallen zu schließen und für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen.

Nach Angaben des Landkreises geht es um die Schaffung einer temporären Unterkunft in Containerbauweise für bis zu 400 Flüchtlinge und Asylsuchende in einem Gewerbegebiet. Zuletzt hatte es auch in Sachsen Proteste gegen Asylunterkünfte gegeben.

Dort mobilisiert unter anderem die rechtsextreme Partei Freie Sachsen regelmäßig dafür. Auf ein geplantes Heim in Bautzen wurde im Oktober ein Brandanschlag verübt. (mit AFP, dpa)

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