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US-Vizepräsident Biden und der ukrainische Premier Jasenjuk bei der Pressekonferenz in Kiew.

© dpa

Update

Biden-Besuch in Kiew: USA versprechen Millionen-Hilfspaket für die Ukraine

Bei seinem Besuch in Kiew hat US-Vizepräsident Joe Biden der ukrainischen Regierung Unterstützung zugesichert. Washington will 50 Millionen Dollar sowie Funkgeräte und Fahrzeuge zur Verfügung stellen. Eine Drohung in Richtung Moskau sprach Biden ebenfalls aus.

Die USA haben ein Hilfspaket von 50 Millionen Dollar für die Ukraine angekündigt. Zudem würden gewisse Militärgüter im Wert von acht Millionen Dollar wie Funkgeräte und Fahrzeuge - aber keine Waffen - bereitgestellt, hieß es am Dienstag in einer Erklärung, die während des Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden in Kiew veröffentlicht wurde. Biden rief Russland auf, das Abkommen von Genf umzusetzen und zur Entschärfung der Lage beizutragen. Für die Regierung in Moskau werde dabei die Zeit knapp. Sie müsse ihre Truppen von der ukrainischen Grenze abziehen und die pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine dazu bringen, die Genfer Vereinbarung einzuhalten. Andernfalls drohe Russland eine stärkere Isolation.

Biden fordert Kampf gegen Korruption

Biden forderte die Führung in Kiew zugleich auf, stärker das „Krebsgeschwür der Korruption“ zu bekämpfen. Der US-Vizepräsident betonte, die für den 25. Mai geplante Präsidentenwahl sei die wichtigste Abstimmung in der Geschichte der Ex-Sowjetrepublik. Wegen der Unruhen im russisch geprägten Osten gilt die Abstimmung als gefährdet. Biden traf sich am Dienstag in der ukrainischen Hauptstadt mit Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Regierungschef Arseni Jazenjuk sowie mit Parlamentariern aus allen Regionen des Landes. Dabei rief er prowestliche und prorussische Kräfte zur nationalen Einheit und zur gemeinsamen Arbeit an einer neuen Verfassung auf, welche die Interessen aller Ukrainer berücksichtigt.

Washington droht Moskau

Die USA hatten Russland zuvor mit weiteren Sanktionen und „hohen Kosten“ gedroht, falls Moskau nicht rasche Schritte zur Verwirklichung des in Genf vereinbarten Friedensfahrplans für die Ukraine unternehme. Zu den Beschlüssen gehören die Entwaffnung aller paramilitärischen Gruppen im Land sowie die Räumung besetzter Verwaltungsgebäude und Plätze. Russland fordert, dass auch ultranationalistische und regierungsnahe Gruppen die Waffen abgeben.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) stellte der Regierung in Kiew vorläufig ein gutes Zeugnis aus. Der Schweizer Außenminister und derzeitige OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter lobte in einer Mitteilung „erste Schritte der ukrainischen Behörden“ zur Umsetzung der am 17. April von Russland, der USA, der Ukraine sowie der EU getroffenen Beschlüsse. Burkhalter rief Russland, die EU und die USA auf, Bemühungen der ukrainischen Behörden sowie der OSZE-Beobachtermission uneingeschränkt zu unterstützen. An der OSZE-Mission nehmen auch fünf Russen teil. Sie seien in Kiew sowie in der Millionenstadt Charkow eingesetzt, teilte die OSZE mit. Beobachter der Organisation trafen in der von prorussischen Aktivisten kontrollierten Stadt Slawjansk im Gebiet Donezk ein. Die Separatisten sicherten ihre Zusammenarbeit zu, zeigten sich aber skeptisch, dass die OSZE eine objektive Untersuchung vornehme.

Bidens zweite Reise nach Kiew

Für Biden ist es die zweite Ukraine-Visite. Im Juli 2009 hatte US-Präsident Barack Obama einen „Neustart“ in den Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten verkündet. Obwohl der Georgienkrieg seinerzeit noch kein Jahr her war, musste Biden den Ukrainern klarmachen, dass es auf absehbare Zeit weder für Georgien noch für die Ukraine einen Beitritt zur Nato oder zur EU geben werde. Es gibt nun Parallelen zum Jahr 2009. Wie vor fünf Jahren befindet sich das Land im Präsidentschaftswahlkampf. Ein Wahlkämpfer von 2009 – Arsenij Jazenjuk – ist heute Interims-Regierungschef und will auch unter einem neuen Präsidenten als Ministerpräsident weitermachen. Jazenjuk, der zu Bidens Gesprächspartnern gehört, ist der Favorit der US-Politik, bei Republikanern wie bei Demokraten genießt der 39-Jährige Vertrauen. Das Treffen mit Biden wird die Übergangsregierung in Kiew, die sich nach Russlands Auffassung „ins Amt geputscht hat“, aufwerten.

Auch die beiden aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten, der Oligarch Petro Poroschenko und die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, erhofften sich ein offenes Ohr Bidens. Bei seinem letzten Kiew-Besuch war Timoschenko Regierungschefin und hatte fast vier Stunden mit Biden gesprochen. Danach entschuldigte sich der Vize-Präsident bei den Medienvertretern auf der verspäteten Pressekonferenz, die Gespräche hätten länger gedauert, „weil er eine der schönsten Frauen des Ostens getroffen habe“.

Duell um die Präsidentschaft

Zwischen Poroschenko und Timoschenko läuft ein beinharter Wettbewerb. Der Milliardär war am Wochenende in Israel und hat dort offen für Militärhilfe geworben. „Die Ukraine kann von der Terrorbekämpfung Israels viel lernen“, sagte der 48-Jährige nach einem Treffen mit Israels Außenminister Avigdor Liebermann. In der vergangenen Woche hatte Timoschenko in einem Brief an den US-Kongress und mehreren US-Senatoren ebenfalls um Militärhilfe für die Ukraine gebeten.

Kritik an Regierung

In Teilen der ukrainischen Bevölkerung wächst derweil die Kritik an Interimspräsident Alexander Turtschinow und Regierungschef Jazenjuk. Vor allem wird ihnen vorgeworfen, nicht hart genug auf die Annektion der Krim reagiert zu haben. Doch die ukrainischen Streitkräfte sind schlecht ausgestattet, nur bedingt einsatzbereit und dem russischem Militär komplett unterlegen. Doch bei dem Streit in der Ost-Ukraine will das Land dem russischen Nachbarn nun anders entgegentreten. Jazenjuk warnte davor, Russlands Präsident Wladimir Putin wolle eine neue Sowjetunion aufbauen, dazu benötige er vor allem die Ukraine. Deshalb hofft das Land auf eine aktive Unterstützung des Westens. Wenn die EU sich nicht zu einer einheitlichen Linie durchringen könne, müssten die USA Vorreiter in der Verteidigung des osteuropäischen Raums sein.

Militärhilfe und Finanzspritzen

Beobachter gingen davon aus, dass Biden den Ukrainern neben Militärhilfe auch mit wirtschaftlicher Unterstützung zur Seite springt. Der Internationale Währungsfond wird in den nächsten Wochen die erste Tranche eines internationalen Hilfskredits in Höhe von fast 30 Mrd. US Dollar auszahlen. Schon bald könnten zudem die ersten Militärberater aus den USA in der Ukraine eintreffen, um die Streitkräfte zu modernisieren, aber auch, um aktiv der Armee zur Seite zu stehen.

Fotos als Beweise?

Die USA präsentierten derweil mehrere Fotos, die nach Angaben Washingtons „Beweise“ dafür sind, dass einige der bewaffneten Kämpfer in der Ostukraine in Wahrheit russische Militärs oder Offiziere des russischen Geheimdienstes sind. Die Fotos seien von der Regierung in Kiew übergeben worden, sagte US-Außenamtssprecherin Jen Psaki. Aber auch mehrere in internationalen Medien oder im Kurznachrichtendienst Twitter veröffentliche Fotos seien „weitere Beweise für die Verbindung zwischen Russland und den bewaffneten Milizen in der Ostukraine“. In einer Fotoserie ist zunächst ein Mann mit den Abzeichen der russischen Spezialeinheiten 2008 in Georgien zu sehen ist. Der offenbar selbe Mann ist zudem auf einem vor kurzem aufgenommenen Foto von der Erstürmung der Polizeistation im ukrainischen Kramatorsk durch prorussische Kräfte zu sehen. Auch auf einem Foto aus Slawjansk scheint der Mann zu sehen zu sein. (mit dpa/AFP/Reuters)

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