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Andrea Nahles

© dpa

Bundespräsidenten-Affäre: Wulff bringt die SPD in Schwierigkeiten

"Kein Dissens"? Nahles fordert Neuwahlen, sollte Wulff zurücktreten, Gabriel pfeift sie zurück. Das Verhältnis zwischen SPD-Generalsekretärin und dem Parteichef wird zunehmend schlechter..

Von Hans Monath

Berlin - Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass sich die SPD schwertut mit der Kredit- und Medienaffäre von Bundespräsident Christian Wulff, so lieferte ihn am Montag die Generalsekretärin der Partei. In gewundenen Formulierungen bemühte sich Andrea Nahles vor Journalisten um den Nachweis, dass es zwischen ihr und Parteichef Sigmar Gabriel in Bezug auf Wulff „keinen Dissens“ gebe – eine geradezu verwegene Behauptung angesichts der Tatsache, dass Gabriel seine Generalsekretärin am Sonntag öffentlich zurückgepfiffen hatte.

Der Anlass war eine Interview-Äußerung von Nahles, die der vom Parteichef ausgegebenen Linie widersprach, die Tonlage in der Präsidentendebatte nicht zu überziehen und sich den Wählern nicht allzu offensichtlich als Machttaktierer zu präsentieren. „Wenn nach Horst Köhler noch einmal ein Bundespräsident zurücktritt, müsste es Neuwahlen geben. Bei einem Wulff-Rücktritt muss sich Angela Merkel dem Votum der Wähler stellen“, hatte Nahles verlangt. Es gehe keinesfalls um Neuwahlen, widersprach Gabriel daraufhin. Denn Nahles’ Attacke widersprach der Behauptung, es gehe um die Würde des Amtes statt um den Nutzen der SPD, und war dazu angetan, die Koalitionsabgeordneten ins Lager des angeschlagenen Präsidenten zu treiben.

Gabriel betonte stattdessen die staatsmännische Verantwortung seiner Partei und bot Merkel mit generöser Geste überparteiliche Zusammenarbeit an. Die SPD werde nicht versuchen, aus einem Rücktritt Wulffs parteitaktische Vorteile zu ziehen, versprach er. Vielmehr würde sie versuchen, mit Union und FDP einen gemeinsamen Kandidaten zu suchen. Die Koalition wies das vergiftete Angebot umgehend zurück.

Auch Nahles warb am Montag dann für diese Linie – und wollte von ihrer eigenen Forderung nach Neuwahlen nichts mehr wissen. Zwar sei sie korrekt zitiert worden, räumte sie ein. Doch sei der Gedanke an Neuwahlen mehr „eine Schlussfolgerung“ als eine Forderung gewesen, meinte sie auf Fragen. Die Generalsekretärin hat offensichtlich Grund, öffentlich keine Meinungsverschiedenheit mit dem Parteichef einzuräumen. Das Verhältnis der beiden gilt als gespannt. Zwar wurde aus der SPD vergangene Woche die Meldung dementiert, Gabriel wolle Nahles die Führung des Bundestagswahlkampfes entziehen. Dass er die Generalin für diese Aufgabe für nicht geeignet hält, ist in der SPD aber ein offenes Geheimnis.

Einig zeigte sich die SPD immerhin beim Versuch, die Verantwortung der Kanzlerin für die Krise um den Präsidenten herauszustellen. „Die Affäre Wulff ist jetzt auch eine Affäre Merkel“, sagte Nahles. Sie verlangte von der Kanzlerin, Wulff öffentlich zum Amtsverzicht aufzufordern. Die Folge aus der Weigerung Wulffs, die Konsequenzen aus seinen Affären zu ziehen, müsse sein, „dass sie ihn dann dazu öffentlich auffordert“, sagte Nahles.

Die Bundesregierung bemühte sich am Montag, im Umgang mit der Kritik an Wulff Gelassenheit zu demonstrieren. Merkel sehe „keine Veranlassung“, sich über einen Rücktritt oder über eine Nachfolge Gedanken zu machen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es gebe „keine wie auch immer geartete Absprache“ für den Fall eines Rücktritts. Merkel will am Donnerstag an der Spitze des Kabinetts am Neujahrsempfang Wulffs teilnehmen. Bereits am Dienstag wird sich der Bundespräsident mit CDU-Spitzenpolitikern treffen. Die Gespräche mit Generalsekretär Hermann Gröhe und Kanzleramtschef Ronald Pofalla sind allerdings seit Monaten geplant.

Auch Präsidentengattin Bettina Wulff demonstrierte am Montag Normalität. Sie besuchte den Neujahrsempfang des „Hamburger Abendblatts“. Die Zeitung gehört zu jenem Springer-Verlag, dem ihr Mann vor Weihnachten in mehreren Telefonaten für den Fall kritischer Berichterstattung über seinen Hauskredit den endgültigen Bruch angedroht hatte.

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