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Prävention ist wichtig. Doch wegen des politischen Streits wird es dafür vorerst nicht mehr Geld geben. Foto: Bernd Weissbrod/dpa

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Bundesrat: Rot-Grün blockiert Gesundheitsgesetze

Die rot-grünen Länder haben im Bundesrat die Gesetze zur Verfolgung von Ärztekorruption und für mehr Prävention scheitern lassen. Dabei sind sie gegen keines der beiden Vorhaben. Die Pläne des Gesundheitsministers gehen ihnen nur nicht weit genug.

Die Korruption von niedergelassenen Kassenärzten bleibt straffrei. Und auch das Präventionsgesetz der schwarz-gelben Koalition, das den Krankenkassen höhere Ausgaben für Gesundheitsvorsorge abverlangte, scheiterte am Freitag an der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat. Die Länderkammer rief für beide Vorhaben den Vermittlungsausschuss an, der aber vor der Bundestagswahl nicht mehr zusammentritt.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Thorsten Albig (SPD) sagte, mehr für Prävention zu tun und Korruption zu bestrafen, seien zwar richtige Ziele. Die SPD wolle die Gesetze nach der Wahl aber „besser machen“. Die
Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Ulrike Flach (FDP) dagegen warf der Opposition vor, sie habe die beiden Vorhaben aus wahltaktischen Gründen scheitern lassen. Und auch Gesundheitsminister Daniel Bahr zeigte sich verärgert. „Die rot-grünen Länder verhindern sinnvolle Prävention bei Kindern und in Betrieben“, sagte er dem Tagesspiegel. Sein Gesetz habe beabsichtigt, die Präventionsausgaben der Kassen auf eine halbe Milliarde Euro jährlich aufzustocken. „Das ist mehr als doppelt so viel wie bisher und so viel wie Rot-Grün nie vorsah.“ Die Länder müssten den Kommunen nun „erklären, warum sie Gelder für Maßnahmen in Schulen und Kindergärten in sozialen Brennpunkten ablehnen“. Mit ihrem Widerstand gegen die Strafregelungen gegen korrupte Ärzte hätten sie zudem verhindert, „dass Staatsanwälte wieder ermitteln können und dass die Strafbarkeitslücke geschlossen wird“.

Zum Thema Ärztekorruption verlangten die SPD-geführten Länder und das grün-rot regierte Baden-Württemberg, dass Bestechung und Bestechlichkeit von Ärzten und allen anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen über das Strafgesetzbuch geahndet werden soll. Bahrs Entwurf dagegen sah nur eine Regelung im Sozialgesetzbuch vor. Dadurch wären Privatärzte außen vor geblieben. Außerdem wäre Korruption dann nur auf Anzeige hin verfolgt worden. Grund für die Neuregelung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Sommer 2012. Die Richter hatten damals festgestellt, dass Kassenärzte, die sich beispielsweise von Pharmaunternehmen bestechen lassen, nach
geltendem Recht strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können.

Tatsächlich haben die sogenannten A-Länder weder etwas gegen mehr Prävention noch gegen die Bestrafung korrupter Mediziner. Im Gegenteil: Die Berliner Vorhaben gehen ihnen nicht weit genug. „Mit uns gibt es keine halben Sachen“, hatte Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) vorab erklärt. Mit der Verknüpfung beider Vorhaben habe Schwarz-Gelb das Nein „geradezu provoziert“, ergänzte ihre Parteifreundin, die Hamburger Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks. Die Regelungen hätten „nichts miteinander zu tun, außer dass sie beide schlecht sind“.

Dass Bahr seine groß angekündigte Initiative gegen Ärztekorruption mit seinem umstrittenen Präventionsvorhaben verkoppeln ließ, hatte in Fachkreisen manchen verwundert. Offenbar liege ihm nicht viel daran, war zu hören. Statt bisher drei Euro sollten die Kassen künftig pro Versicherten sieben Euro für Prävention ausgeben. Der Ländermehrheit ist das zu wenig. Es stört sie auch, dass die Beitragszahler die Präventionsarbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mitbezahlen sollen, während der Bund seine Präventionsausgaben um mehr als zehn Prozent gekürzt hat. Außerdem fordern sie, dass auch Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in die Pflicht genommen werden sowie einen Geldtopf, aus dem sich Länder und Kommunen mitbedienen dürfen.

Länder gegen Drei-Klassen-Recht bei Ärztekorruption

Letzteres sei wegen des Verbots von Mischverwaltungen „allein schon verfassungsrechtlich nicht möglich“, sagte Bahr. Und die Forderung, das Verbot von Ärztekorruption nicht im Sozialrecht, sondern im Strafrecht zu verankern, würde „die Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsberufen gefährden“. Die SPD-Länder dagegen warnten vor einem „Drei-Klassen-Recht“ bei Korruptionsdelikten. Mediziner im Krankenhaus würden nach Bahrs Entwurf strafrechtlich verfolgt, niedergelassene Kassenärzte nur auf Antrag nach dem Sozialgesetzbuch, und bestechliche Privatärzte blieben ganz straffrei.

Durch ihre „Last-Minute-Politik“ habe es die Regierung zu verantworten, dass für ein Vermittlungsverfahren nun keine Zeit mehr bleibe, sagte Prüfer-Storcks. Man könne vom Bundesrat nicht erwarten, dass er „Murks im Doppelpack“ über die Hürden helfe.

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