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Ukrainer gedenken der Hungersnot in Lviv.

© AFP/YURIY DYACHYSHYN

Stalins Hungersnot war Völkermord: Der Bundestag sendet ein wichtiges Signal an die Ukraine

Dem Holodomor fielen rund vier Millionen Ukrainer zum Opfer. Das wird nun auch in Deutschland als Genozid eingestuft. Es ist ein wichtiges Signal Richtung Kiew.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Nur wenige Deutsche können mit dem Begriff Holodomor etwas anfangen. Das ukrainische Wort steht für „Tötung durch Hunger“. Etwa vier Millionen Ukrainer fielen in den Jahren 1932 und 1933 einer entsetzlichen Hungersnot zum Opfer, die von der sowjetischen Staatsführung unter Josef Stalin herbeigeführt worden war.

Sie war zum einen die Folge der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft mit unerfüllbar hohen Abgabequoten. Zum anderen ging es der Sowjetführung aber auch darum, das ukrainische Nationalbewusstsein zu unterdrücken. Ukrainische Intellektuelle wurden in dieser Zeit ebenso verfolgt wie Bauern, die sich angeblich der Kollektivierung widersetzten.

Neunzig Jahre später gedenkt der Bundestag nun erstmals der Opfer des Holodomor und schließt sich der Einschätzung an, dass dieses Verbrechen als Völkermord zu betrachten ist. Auf diesen Schritt hat die Ukraine lange gewartet. Die Parlamente mehrerer anderer Staaten haben dies bereits getan.

Nun ließe sich einwenden, der Bundestag solle sich doch mit den von Deutschen in der Ukraine und anderen Ländern begangenen Verbrechen befassen. In deren Aufarbeitung gibt es noch einiges zu tun. Denn wie sehr gerade die Ukraine im Zentrum der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik stand, wurde in der öffentlichen Debatte in Deutschland lange ausgeblendet, sowjetische Opfer setzte man einfach mit russischen gleich.

Das Holodomor-Denkmal in Kiew
Das Holodomor-Denkmal in Kiew

© Reuters/Valentyn Ogirenko

Vor sechs Jahren hat der Bundestag auch den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich anerkannt. Der von SPD, Grünen, FDP und Union unterstützte Antrag zum Holodomor unterstreicht, dass sich aus der deutschen Vergangenheit eine besondere Verantwortung ableite, „Menschheitsverbrechen kenntlich zu machen und aufzuarbeiten“. Im heutigen Russland ist eine Aufarbeitung der stalinistischen Verbrechen leider nicht möglich.

Der Beschluss des deutschen Parlaments sendet vor allem ein Signal in die Ukraine, die unter dem russischen Angriffskrieg leidet. Der Bundestag zeigt damit, dass in Deutschland das Leid der Menschen in der Ukraine wahrgenommen wird – das damalige und das heutige.

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