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Syriza-Chef Alexis Tsipras hat die Parlamentswahlen in Griechenland gewonnen.

© REUTERS

Wahl in Griechenland: Das Ende einer Illusion

Die Wahl in Griechenland könnte eine Wende markieren: Viele Syriza-Wähler haben sich damit abgefunden, dass die Milliardenhilfen nicht zum Nulltarif zu haben sind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Im Juli haben die Griechen noch „Nein“ gesagt. Es war ein trotziges „Ochi“, das sie beim Referendum den Geldgebern entgegenschleuderten. Daraus ist nun ein frustriertes „Alles egal“ geworden. Diese Grundstimmung hat dazu geführt, dass viele Griechen bei der Parlamentswahl am Sonntag zu Hause geblieben sind.

Dennoch heißt der Sieger wieder – zum dritten Mal in diesem Jahr – Alexis Tsipras. Doch der Ex-Regierungschef, der nun wieder an die Macht zurückstrebt, muss sich über eines im Klaren sein: Die Zeiten, in denen ihn die Anhänger des Linksbündnisses Syriza noch auf Händen trugen, sind vorbei.

Überraschend ist diese Entwicklung nicht. Im Januar, als Tsipras mit einer überwältigenden Mehrheit ins Amt gewählt wurde, nahmen ihm die Wähler noch das Versprechen ab, die Kreditvereinbarungen mit den Geldgebern zu zerreißen und das Land von den harten Auflagen zu befreien.

Im Juli gelang es dem Syriza-Chef dann beim Referendum abermals, seine Anhänger bei einem riskanten Pokerspiel mit den Gläubigern zu mobilisieren. Doch die Geldgeber ließen sich bekanntlich nicht erweichen. Stattdessen blickten die Griechen ein paar Wochen lang in den wirtschaftlichen Abgrund. Bankenschließungen und Kapitalverkehrskontrollen öffneten ihnen die Augen dafür, dass auch Tsipras nicht über Wasser laufen kann.

Die "Unabhängigen Griechen" als Koalitionspartner - eine zweifelhafte Wahl

Tsipras ist es gelungen, sein Land im Euro zu halten und einen neuen Kredit zu bekommen, der Hellas bis auf Weiteres vor der Pleite bewahrt. Aber weil das dritte Hilfspaket nicht ohne Mehrwertsteuererhöhungen und Rentenkürzungen zu haben war, sind viele ehemalige Syriza-Wähler enttäuscht. Dass Tsipras nun trotzdem einen mehrheitlichen Vertrauensbeweis der Wähler erhalten hat, lässt sich als Ausdruck politischer Reife deuten: Auch die Syriza-Wähler haben sich damit abgefunden, dass die milliardenschweren Hilfszahlungen nicht zum Nulltarif zu erhalten sind.

Die Frage lautet nun, wie Tsipras mit der neuen Nüchternheit seiner Landsleute umgeht – immer vorausgesetzt, es gelingt ihm, stabile Regierungsverhältnisses herzustellen. Eine große Koalition, wie sie eine Mehrheit der Griechen bevorzugen würde, hat der Syriza-Chef in seinem Fernsehduell mit dem konservativen Oppositionsführer Evangelos Meimarakis ausgeschlossen.

Tsipras’ Partnerwahl läuft nun offenbar wieder auf die rechten „Unabhängigen Griechen“ hinaus, mit denen er auch schon bisher gemeinsam regierte. Auch wenn er damit eine zweifelhafte Wahl trifft, gibt es auch Anzeichen dafür, dass sich sein Linksbündnis von einer Protestbewegung zu einer reformorientierten Partei häutet. Einen Schritt in diese Richtung ist Tsipras bereits gegangen: Bei den Verhandlungen mit den Geldgebern nahm er bewusst in Kauf, dass Linksabweichler wie der ehemalige Energieminister Panagiotis Lafazanis der Syriza den Rücken kehren.

Wiederholt Tsipras den Fehler der ersten Amtsmonate?

Griechenland steht wieder einmal vor einer Weichenstellung: Entweder wiederholt Tsipras den Fehler der ersten Amtsmonate, als er die Rolle des Wahlkämpfers nicht ablegen wollte. Oder er ergreift die Chance zur Modernisierung des Landes, die das Hilfspaket neben den Auflagen nämlich auch bietet – die Chance einer Öffnung geschlossener Berufe, einer echten Reform des Rentensystems oder einer Entbürokratisierung, die dem Mittelstand zugutekäme. Nach seinen Landsleuten hat nun Tsipras die Wahl.

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