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Wahlversprechen

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Hessen-SPD: Das Ziel heiligt die Mittel

Die SPD in Hessen kommt nicht zur Ruhe. An der Basis herrscht weiter Unmut über den neuen Versuch, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden. Hessens SPD-Vorstand stützt Andrea Ypsilanti – weil sogar Kritiker ihres Kurses dazu keine Alternative sehen.

„Was bleibt uns denn anderes übrig“, so kommentiert einer der eher skeptischen SPD-Landtagsabgeordneten den Zeitplan, den der Landesvorstand seiner Partei am Mittwochabend in Frankfurt beschlossen hat. Bei Hessens konservativen Sozialdemokraten, die sich in der Formation „Aufwärts“ zusammengeschlossen haben, hält sich die Begeisterung über einen neuen Anlauf zu einer rot-grünen Minderheitsregierung unter Duldung der Linken in engen Grenzen. Dass der Landesvorstand den Weg dazu dennoch einstimmig frei gemacht hat, lag an den mangelnden Alternativen.

Seit Anfang April, seitdem Ministerpräsident Roland Koch (CDU) nur noch geschäftsführend im Amt ist, hat man zwar zusammen mit Grünen und Linken einiges durchgesetzt, zum Beispiel die Abschaffung der Studiengebühren. Allerdings, und das ist flügelübergreifend die Einschätzung aller Sozialdemokraten, sind Neuwahlen nur zu vermeiden, wenn es gelingt, eine Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit zu bilden. Für eine große Koalition unter Ministerpräsident Koch, der für rot-grün seit Jahren das Feinbild schlechthin abgibt, mag niemand in der SPD offen werben. Deshalb ist die Weichenstellung zu rot-rot-grün schlüssig. Als entscheidende Hürde gilt die Haltung der Linkspartei, auf deren Stimmen eine rot-grüne Minderheitsregierung angewiesen wäre. „Ein verlässliches Bild“ müsse eine solche Regierung abgeben können, fordert nicht nur Grünen-Chef Tarek al Wazir; für ein Himmelfahrtskommando stehe seine Partei nicht zur Verfügung.

Ende August will der Parteitag der Linken das weitere Vorgehen beraten. Die Signale aus der Landtagsfraktion um den parteilosen Vorsitzenden Willi van Ooyen klingen solide. Selbstverständlich gelte es, nicht nur Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen, sondern auch ihr Kabinett im Landtag zu bestätigen. Auch die Erwartung, dass die Fraktion der Linken zur Verabschiedung des nächsten Landeshaushaltes bereit sein muss, trifft dort auf offene Ohren.

Allerdings irrlichtern aus der „jungen Partei aus dem Geist der Opposition“ (van Ooyen) auch andere Stimmen. So brachte sich der linke Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrke gegen den Ministerkandidaten und SPD-Landesvize Jürgen Walter in Stellung, auf dessen Mitwirkung Andrea Ypsilanti parteiintern angewiesen ist.

„Wenn dieser Anlauf scheitert, dann liegt es an der Linkspartei“, sagt ein SPD-Parlamentarier, der Zeitungsberichte dementieren musste, er werde Andrea Ypsilanti die Stimme verweigern. „Wenn ich den Kurs nicht mitgehen kann, lege ich eher mein Mandat nieder“, versicherte er am Mittwoch dem Tagesspiegel. Der geschäftsführende Ministerpräsident Roland Koch signalisiert einstweilen Gesprächsbereitschaft mit Grünen und Sozialdemokraten, nach dem von ihm prognostizierten Scheitern Ypsilantis. Er will skeptischen Genossen die Angst vor Neuwahlen nehmen. Als neue Pressesprecherin berief die CDU übrigens Heike Dederer, die frühere Grünen- Abgeordnete im Stuttgarter Landtag, die zur Union gewechselt war. Sie folgt auf Esther Petry, die ihr Amt aufgeben musste, weil sie seit Mai mit SPD-Vize Walter privat zusammenlebt. Im richtigen Leben sind also in Wiesbaden nach wie vor alle Konstellationen möglich.

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