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Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hält es für sinnvoll, dass sich die EU in Zeiten des Binnenmarktes ein neues Datenschutzrecht gibt.

© Mike Wolff

Datenschutz: Minimum EU-Recht

Deutschlands oberster Datenschützer Schaar warnt vor Senkung der Standards bei Behörden und will besseren Schutz verteidigen

Bislang hat Viviane Reding das Heft des Handelns in der Hand gehabt. Die Luxemburgerin, die in der Brüsseler EU-Kommission für Fragen der Justiz und der Grundrechte zuständig ist, plant mit einer Reform des EU-Datenschutzrechts den großen Wurf: In allen 27 EU-Staaten soll es künftig einen einheitlichen Standard beim Datenschutz geben, Bürger sollen gegenüber sozialen Netzwerken wie Facebook mehr Rechte beim Löschen ihrer Daten bekommen. Vor einem halben Jahr stellte Reding den Entwurf einer neuen Datenschutzverordnung in Brüssel vor. Jetzt müssen die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament darüber entscheiden, was aus ihrem Entwurf wird. EU-Kommissarin Reding will aber in jedem Fall vermeiden, dass ihr Entwurf verwässert wird. Dass die Bundesregierung insgeheim dieses Ziel verfolgt, vermutet der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht.

Reding liegt schon seit Monaten mit der Bundesregierung im Clinch. Zunächst forderte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), dass die geplante Datenschutzverordnung nicht das Verhältnis zwischen Bürger und Staat berühren dürfe. Man wolle die „hohen Datenschutzstandards in Deutschland schützen“, begründete Friedrich seine Haltung. Dann wurde in Deutschland das umstrittene Meldegesetz vom Bundestag beschlossen. Dadurch sah sich Reding in ihrer Forderung bestätigt, in der Verordnung nicht nur festzulegen, welche Regeln die Privatwirtschaft beim Datenschutz zu beachten hat. Auch für den staatlichen Bereich sollen nach ihrem Willen Standards gesetzt werden – und deshalb gibt es Streit mit der Bundesregierung. Denn das Bundesinnenministerium verlangt, dass die geplante EU-Verordnung den deutschen Behörden im Gegensatz zur Privatwirtschaft möglichst viel Spielraum lässt. „Deutschland teilt die Sorge auch anderer Mitgliedstaaten, dass die strengen detaillierten nationalen Datenschutzbestimmungen im öffentlichen Bereich auf europäischer Ebene nicht gleichwertig abgebildet werden können“, sagt der Sprecher des Bundesinnenministeriums zur Begründung.

Der Grünen-Politiker Albrecht, der als Berichterstatter eine gemeinsame Linie mit den anderen Fraktionen im Europaparlament zu dem Thema finden soll, erwartet, dass sich das hohe Niveau beim deutschen Datenschutz in der EU-Verordnung wiederfinden wird. Gegebenenfalls könne man durch Öffnungsklauseln im Verordnungstext sicherstellen, dass EU- Mitgliedsländer wie Deutschland auch weiter höhere Standards – etwa beim Schutz der Sozialdaten – einhalten könnten. Albrecht vermutet aber, dass es der Bundesregierung in der Diskussion um die neue Verordnung tatsächlich eher darum geht, niedrigere Standards beim Datenschutz für die Privatwirtschaft durchzusetzen. Diesen Schluss ließen jedenfalls die zahlreichen Lobbyisten zu, die sich in Brüssel inzwischen des Themas bemächtigt hätten.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fordert dagegen, dass Deutschland auch nach der Novelle des EU- Rechts beim Datenschutz im öffentlichen Bereich ein hohes Niveau einhalten müsse. „Wenn Deutschland nach unten abweichen will, dann unterstütze ich das nicht“, sagte Deutschlands oberster Datenschützer dem Tagesspiegel. Schaar sagte, die geplante EU-Datenschutzverordnung trage unter anderem der Tatsache Rechnung, dass durch die Freizügigkeit auf dem EU-Binnenmarkt immer mehr hochsensible Daten von Arbeitnehmern zwischen den EU-Staaten ausgetauscht würden. „Der europaweite Schutz sollte die Basis bilden. Man sollte aber mit dem nationalen Datenschutzrecht darüber hinausgehen können“, forderte er.

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