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Er wird es schwer haben auf dem Weg ins Kanzleramt. Merkel erfährt Zuspruch in der ganzen Bevölkerung – Steinbrück nicht mal durchgehend in der eigenen Partei.

© dpa

Demoskopie: Steinbrück-Effekt vollständig verpufft

Der Zauber des Neuen ist verflogen: Die SPD steht wieder da, wo sie vor Peer Steinbrücks Kanzlerkandidatur stand. Wahlforscher sehen für die Unionsparteien einen strukturellen Vorteil, der nur schwer auszugleichen ist.

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Man könnte fast sagen, so plötzlich, wie die Kandidatenkür von Peer Steinbrück in der SPD vor einigen Wochen erfolgte, so schnell ist deren Effekt auch wieder verpufft. Denn die SPD hat in mehreren Umfragen zuletzt an Boden verloren. Am Freitag folgte der demoskopische Einbruch dann auch im Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen in Zusammenarbeit mit dem ZDF und dem Tagesspiegel.

Die Sozialdemokraten verlieren im Vergleich zur Erhebung vor 14 Tagen zwei Prozentpunkte und sinken damit wieder auf ihr altes Niveau von 29 Prozent. Dort waren sie auch schon vor der Ausrufung von Steinbrück zum Kanzlerkandidaten. Die Union erreicht in der Sonntagsfrage dagegen mit 39 Prozent den besten Wert in dieser Legislaturperiode. Somit liegen zwischen SPD und CDU/CSU nunmehr zehn Prozentpunkte. Die FDP bleibt unverändert bei vier Prozent und würde damit nicht wieder in den Bundestag einziehen. Und auch für die Piraten geht es weiter abwärts. Sie landen nun auch im Politbarometer unterhalb der Fünf-Prozent- Grenze. Die Grünen verbessern sich auf 13 Prozent (plus eins). Die Linken kommen unverändert auf sechs Prozent. Damit wären nur vier Fraktionen im Bundestag vertreten. Neben einer großen Koalition wären in diesem Fall lediglich eine schwarz-grüne oder eine rot-rot-grüne Koalition mehrheitsfähig. Für Rot-Grün, die Wunschkoalition von Peer Steinbrück, gibt es derzeit keine eigene Mehrheit.

Matthias Jung, Leiter der Forschungsgruppe Wahlen, sagte dem Tagesspiegel: „Der positive Steinbrück-Effekt im Politbarometer vor 14 Tagen ist vollständig verpufft, bei der politischen Stimmung genauso wie in der Kanzlerfrage. Die Euphorie, die jedem Anfang innewohnt, hat nicht besonders lange vorgehalten.“ Der Abstand zwischen Union und SPD wächst wieder. Wobei die Union relativ stabil ist – Verluste und Gewinne der SPD gingen zuletzt immer zulasten oder zugunsten anderer Parteien des linken Spektrums, vor allem der Grünen und der Piraten. „Aber niemand sollte jetzt auf die Idee kommen, das Rennen für gelaufen zu halten – noch kann keine Rede von einer entscheidenden Niederlage oder einem entscheidenden Sieg sein“, mahnt Jung alle allzu Umfragegläubigen zur Zurückhaltung.

Die Unionsparteien, sagt Jung, seien in der Bundesrepublik grundsätzlich in einer strukturell günstigeren Position. Sie verfügten über das größere Wählerreservoir. Wenn die SPD auf Augenhöhe kommen wolle, dann müsse sie diesen Nachteil durch ihren Spitzenkandidaten oder aber programmatisch kompensieren. Das werde jedoch, auch wenn es bis zur Bundestagswahl noch fast ein Jahr dauere, schwierig für die Sozialdemokratie. Zu ungleich sei die Ausgangsposition: Während Bundeskanzlerin Angela Merkel – anders als zum Beispiel ihr Vor-Vorgänger Helmut Kohl – wenig polarisiere und deshalb nicht nur in der Unionsanhängerschaft großen Zuspruch erfahre, sondern in der Bevölkerung insgesamt, bis hinein in die Reihen der Opposition, könne sich Steinbrück nicht einmal der geschlossenen Unterstützung seiner eigenen Partei sicher sein. Wenn aber Merkel als Antifigur ausfalle, dann werde es schwer für die SPD, ihre Anhängerschaft zu mobilisieren.

In der SPD gibt man sich dagegen noch zuversichtlich. Von einer Momentaufnahme ist die Rede. Viele erwarten sich durch die Landtagswahl in Niedersachsen im Januar einen Schub. Doch es gibt auch Mahnungen. „Das Hoch der Union ist eine temporäre Erscheinung. Aber wir müssen als SPD unsere programmatischen Hausaufgaben machen. Dazu gehört auch, dass wir noch stärker herausarbeiten, worin sich unsere Euro-Politik von der der Kanzlerin unterscheidet“, sagt Klaus Barthel, stellvertretender Sprecher der SPD-Linken. Die Regulierungsvorschläge von Peer Steinbrück spielten da eine wichtige Rolle, es gehe aber auch darum, zu verdeutlichen, dass das reine Sparen nicht helfe, sondern auch Wachstums- und Beschäftigungsimpulse nötig seien, um die Krise zu lösen. „Innenpolitisch müssen wir die Themen Arbeitsmarkt, Sozialstaat und auch die Rente noch stärker in den Mittelpunkt stellen. Von uns werden da Antworten erwartet, die wir im Ansatz zwar haben, aber noch nicht komplett ausformuliert. Und bei den Menschen ist das erst recht noch nicht angekommen“, sagt der bayerische Sozialdemokrat. „Der sogenannte Steinbrück-Effekt“, sagt Barthel, „ist vor allem ein medialer Effekt. Es geht aber darum, dass wir als ganze Partei einen Effekt auslösen.“

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