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Ja, wir schaffen das immer noch, bloß anders: Die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel spricht in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) auf der Landesvertreterversammlung.

© dpa

Deutsche Flüchtlingspolitik: Angela Merkel droht den Europäern

Die Bundeskanzlerin sorgt sich um Solidarität in Europa. Syrische und irakische Flüchtlinge fordert sie auf, nach dem Ende der Kämpfe in ihre Heimat zurückzukehren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Es bleibt, wie es war, und es wird sein, wie es ist. Der Flüchtlingsstrom in Richtung Österreich und Deutschland hält trotz des Winterwetters an. Die Türkei will statt drei Milliarden Euro Unterstützung nun fünf Milliarden, Griechenland beteuert, sein Bestes zu tun, um das Chaos zu ordnen, und die Regierungskoalition zofft sich unverdrossen weiter. Die Genossen knirschen mit den Zähnen, weil sie zu schwach waren, um im Asylpaket zwei den Familiennachzug durchzusetzen, Christsoziale und Christdemokraten beschuldigen sich wahlweise, zu kopf- oder zu herzlos zu sein, Linke und Grüne opponieren, als stünde vielen Kommunen das Wasser nicht schon bis zum Hals. Das Hamsterrad der Flüchtlingspolitik läuft ziemlich hochtourig.

Hinhören allerdings sollte man, wenn die Kanzlerin spricht. Das tat sie am Samstag auf einer CDU-Veranstaltung in Neubrandenburg. Ihr Appell an die europäische Solidarität? Na klar. Ihre Sorge, der passfreie Schengen-Raum sei durch die Rückkehr nationaler Grenzen gefährdet? Auch erwartbar. Denn im Klartext lautet Merkels Drohung an die Europäer: Wenn ihr euch weiter einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik verweigert, zwingt ihr uns Deutsche zu Maßnahmen, unter deren Folgen ihr mindestens ebenso leidet wie wir. Da schwingt Verzweiflung mit, was aber durchaus im Sinne des erhofften dramatischen Effekts ist.

Doch Merkel sagte noch etwas. Syrische und irakische Flüchtlinge forderte sie auf, nach dem Ende der Kämpfe in ihre Heimat zurückzukehren. Die meisten Flüchtlinge, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen seien, hätten ohnehin nur vorübergehenden Schutzstatus erhalten. Das lässt aufhorchen. Offenbar geht die Regierung davon aus, dass die volle Integrationsleistung nur für eine Minderheit der 1,1 Millionen Flüchtlinge erbracht werden muss. Da klingt das „Wir schaffen das“ gleich ganz anders.

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