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AfD-Chef Bernd Lucke

© Axel Heimken/dpa

Update

AfD und "Weckruf": Frauke Petry: Bernd Lucke mangelt es an politischer Urteilskraft

Bernd Lucke will angeblich weder eine neue Partei gründen noch einen Massenaustritt aus der AfD organisieren. Kontrahenten des Parteichefs, Frauke Petry und Konrad Adam, sperren Lucke trotzdem schon mal den Zugang zum AfD-Mailverteiler.

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Dafür, dass er gerade eine innerparteiliche Revolution versucht, wirkt Bernd Lucke am Dienstagmorgen relativ entspannt. Er stockt selten, versucht sogar den ein oder anderen Scherz. Nein, die Stoppuhr habe er nicht dabeigehabt, deshalb wisse er auch nicht, wie lange er an seiner Initiative "Weckruf 2015" gearbeitet habe. Lucke hat die Presse in Straßburg zum Gespräch geladen, wo gerade das Europaparlament tagt, um seinen Angriff auf die restliche Parteiführung zu verkünden.

Der "Weckruf 2015" ist Luckes Ansicht nach die letzte Chance, das Ruder in der Partei noch herumzureißen, die Partei "zusammenzuhalten", erläutert er. Eine Initiative, die den "Massenaustritt" und das "Ausfransen der Partei an den Rändern" verhindern soll. Er sei, so der Parteichef überzeugt, dass die überwältigende Mehrheit in seiner Partei hinter der Initiative stünde und man Probleme nun offener diskutieren könne.

Um den Rückhalt zu belegen, verkündet der Parteichef seine Revolte gemeinsam mit seinem ehemaligen Vize-Bundesvorsitzenden und Europaabgeordneten Hans-Olaf Henkel, der den Vorstand gerade erst im Streit um den Kurs verlassen hat. Mit dabei sind auch die EU-Abgeordneten Joachim Starbatty, Ulrike Trebesius und Bernd Kölmel. Sie glauben, eine hinreichende Mehrheit hinter sich zu bekommen, um einen Rechtsruck der Partei zu stoppen. Aus der Partei heißt es, mehr als 1000 Mitglieder seien binnen zwölf Stunden dem Aufruf zum Beitritt gefolgt.

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Gekämpft wird mit allen Bandagen: Wenige Stunden, nachdem der liberale Flügel um Lucke eine Kampagne gegen rechtsnationale Kräfte in der AfD gestartet hatte, ließen die Co-Vorsitzenden Frauke Petry und Konrad Adam Luckes Zugang zum Mail-Verteiler der Partei sperren. Als sich Lucke daraufhin beim Administrator der AfD beschwerte, blockierte dieser nach Angaben von Parteisprecher Christian Lüth vom Dienstag bis auf weiteres für alle den Zugriff auf die Mitglieder-Datenbank.

"Weckruf" beim Pressefrühstück - die AfD-Europaabgeordneten Hans-Olaf Henkel, Joachim Starbatty, Bernd Kölmel and Bernd Lucke (von links) am Dienstag in Straßburg
"Weckruf" beim Pressefrühstück - die AfD-Europaabgeordneten Hans-Olaf Henkel, Joachim Starbatty, Bernd Kölmel and Bernd Lucke (von links) am Dienstag in Straßburg

© dpa

Eine neue Partei, wie es am Montag kolportiert worden ist, will Lucke ausdrücklich nicht gründen. Er plane weder die Gründung einer neuen Partei noch betreibe er eine Initiative zum Massenaustritt aus der AfD, versichert Lucke. Kurioserweise ist in Paragraph 16 Absatz 5 der Vereinssatzung dennoch von einer Partei die Rede. Lucke aber versichert in Straßburg in der feinen Parlamentarischen Gesellschaft: Dass er seine Anhänger in einem neu gegründeten Verein sammeln will, sei lediglich "der Versuch, die AfD zu retten". Die Partei dürfe nicht weiter nach rechts abdriften.

Die intern zerstrittene AfD will auf einem Parteitag im Juni eine neue Führung bestimmen. Dabei dürfte es zum Showdown zwischen dem wirtschaftsliberalen Flügel, den Lucke vertritt, und dem konservativen Flügel kommen. Gegner unterstellen Lucke, die Vereinsgründung als Druckmittel zu benutzen: Sie mutmaßen, Lucke könnte sich mit den Vereinsmitgliedern abspalten, sollte er auf dem Parteitag seinen Machtanspruch nicht durchsetzen können.

Petry: Lucke wird es in der Partei sehr schwer haben

Die Antwort auf den "Weckruf 2015" lässt nicht lange auf sich warten. Am Dienstagmittag treten die Lucke-Widersacher vor die Presse, AfD-Parteivize Alexander Gauland in Potsdam und Luckes Co-Sprecherin Petry in Dresden. "Die AfD ist voll handlungsfähig auf allen Ebenen", erklärt Petry im brechend vollen Saal der Landespressekonferenz im Dresdner Landtag. Handlungsfähig auf Kreisebene, in den Ländern und auch am Bund, betont sie. Dass sich in der Partei nun ein "Verein namens Weckruf 2015" gründet, habe sie allenfalls "verwundert".

Mitten im Showdown der AfD gibt sich die Chefin es sächsischen Landesverbands wie gewohnt freundlich, ruhig und bestens beschlagen. Keine markigen Worte gegen Lucke. Dafür gut versteckte Seitenhiebe an den "Mitbegründer der Partei, der Bernd Lucke zweifelsfrei ist – wie auch ich". Dessen Alleingänge zeigten "dass es ihm an politischer Urteilskraft mangelt". Damit werde es Lucke "in Zukunft in der Partei sehr schwer haben". Ansonsten kommt von ihr nichts Konkretes: keine Machtfrage, keine Kampfkandidatur. Petry bleibt vage, wirkt aber entschlossen.

Luckes "Weckruf"-Bewegung hält Petry für aussichtslos, sie werde ohnehin allenfalls "unterstützt von abgewählten Funktionären". Sie will indes prüfen, ob sich der Verein mit den Zielen der Partei verträgt. Ein Blick in die Parteisatzung soll das rasch klären.

Die Gefahr einer Spaltung der Partei sieht Petry nicht. Das ginge gar nicht. "Es können Leute austreten und was Neues gründen." Wer das vorhat, dem wünscht sie viel Glück. "Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, eine neue Partei zu gründen." Als persönliche Fehde mit Lucke will sie den Konflikt nicht verstanden wissen: "Ich habe nach wie vor kein Problem, Bernd Lucke zu umarmen."

Gauland: Weckruf ist innerparteiliches Kampfinstrument

Gauland wirft dem "Weckruf"-Initiator in Potsdam parteischädigendes Verhalten vor. "Wir können nicht dulden, dass jemand die Partei so schädigt. Bei jedem einfachen Mitglied würde ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet", sagt der brandenburgische Fraktionschef. Der "Weckruf" Luckes "birgt die Gefahr in sich, dass er die Partei spaltet." Ein Einlenken lehnt Gauland strikt ab. "Ich sehe nicht, dass wir uns auf ihn zu bewegen müssten. Frauke Petry hat mehrere Anläufe gesucht, um mit ihm zusammenzuarbeiten."

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Der Weckruf sei eine "Drohgebärde", erklärt Gauland. "Er ist, wenn es schiefgeht, der Beginn einer möglichen Neugründung." Und: "Er ist als innerparteiliches Kampfinstrument angelegt. "Die Entscheidung, ob Lucke Vorsitzender bleibe, werde wohl auf dem Bundesparteitag fallen. Auf die Frage, ob ein Austritt Luckes ein Drama für die AfD wäre, antwortet Gauland im Stile eines Nachrufes: "Natürlich wäre das nicht schön. Er ist lange das Gesicht der Partei gewesen. Er ist Mitbegründer gewesen. Er hat viel getan." Und trotzdem: Die AfD werde auch ohne Lucke weiter bestehen.

Schon zuvor hat seine Landtagsfraktion deutlich gemacht, wie wenig sie von der Initiative des Parteigründers hält. Im Kurznachrichtendienst Twitter ruft die brandenburgische AfD-Landtagsfraktion dazu auf, der neuen Initiative nicht beizutreten. "Brandenburg ist wach genug" steht auf einem geposteten Foto, das Logo "Weckruf 2015" wurde durchgestrichen.

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