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Deutsche Soldatinnen und Soldaten werden noch bis Mai nächsten Jahres in Mali stationiert sein.

© dpa/Michael Kappeler

Die Bundeswehr verlässt Mali: Der Abzug liegt keineswegs im deutschen Sicherheitsinteresse

Das Kabinett verlängert das Mandat ein allerletztes Mal bis 2024. Es ist ein Abzug wider Willen – eine gute Alternative gab es nicht.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Allein die imposanten Neubauten im Bundeswehr-Feldlager von Gao im Nordosten Malis entlarven den Bluff der Bundesregierung, die den am Mittwoch beschlossenen Truppenabzug als planvolle Neuausrichtung ihrer Politik in der Sahelzone verkaufen will.

Keine Frage, mehr Entwicklungszusammenarbeit, die Ausbildungsmission im Nachbarland Niger und eine zivile Partnerschaft mit Afrika ohne Kolonial-Attitüde sind wichtige Anliegen. Trotzdem verstellen sie den Blick darauf, dass die deutsche Militärpräsenz in Mali längerfristig angelegt war.

Die Gründe für das Engagement sind nicht verschwunden – im Gegenteil. Mali bleibt Transitland für den Schmuggel von Drogen, Waffen und Menschen nach Europa. Den Anti-Terror-Kampf der Franzosen, zu deren Entlastung einst deutsche Truppen anrückten, führen nun russische Söldner.

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Sie tun dies auf eine Art und Weise, die es den regionalen Ablegern von Al-Qaida und Islamischem Staat leicht macht, Nachwuchs zu rekrutieren. Für Malis Putschregierung ist die Führung in Moskau der einfachere Partner. Lästige Kooperationskriterien wie die Einhaltung der Menschenrechte oder eine gute Regierungsführung werden dort nicht formuliert.

Das malische Dilemma

Nicht umsonst hat sich das Auswärtige Amt lange dagegen gesträubt, den strategischen Rückzug anzutreten und Russland das Feld zu überlassen. Die Frage, ob es für demokratische und völkerrechtliche Grundsätze künftig noch Mehrheiten in der UN-Vollversammlung gibt, wird auch in Afrika entschieden.

Das Beispiel Mali ist dafür exemplarisch: Im März 2022 enthielt sich die Regierung in Bamako noch, als es um die Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine ging, ein Jahr später stimmte sie dagegen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, reist Kanzler Olaf Scholz an diesem Donnerstag schon zum zweiten Mal nach Afrika.

Aus dem Dilemma in Mali wusste auch er keinen anderen Ausweg als den Abzug. Zu sehr wurde der deutsche Blauhelmeinsatz durch Auflagen und Restriktionen der malischen Militärs torpediert, als dass er seinen Zweck wirklich noch erfüllen konnte.

Nicht zuletzt die Verweigerung von Überflugrechten für Aufklärungsdrohnen und Hubschrauber setzte die Soldatinnen und Soldaten einem höheren Risiko aus – die Rettungskette war nicht mehr hundertprozentig gewährleistet, der Aktionsradius eingeschränkt. So hat die Bundeswehr längst einen Abzug wider Willen eingeleitet, der Ende Mai nächsten Jahres abgeschlossen sein wird.

Es wird deutlich mehr entwicklungs- und wirtschaftspolitische ,soft power’ vonseiten Deutschlands und der EU brauchen.

Christopher Ziedler

In Deutschlands strategischem Sicherheitsinteresse ist er nicht. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius hat kürzlich bekannt, dass die Bundeswehr in Mali bleiben würde, „wenn wir tun könnten, wofür wir hergekommen sind“.

Schadensbegrenzung in Niger

Noch deutlicher steht das im kürzlich beschlossenen Bundestagsmandat für die neue Trainingsmission im benachbarten Niger, dessen Begründung sich wie ein Aufruf zu mehr und nicht weniger Engagement in der Region liest. Noch am Tag des Abzugsbeschlusses warnte Außenministerin Annalena Baerbock vor einem Flächenbrand.

So ist keineswegs ausgeschlossen, dass aus dem Akt der Schadensbegrenzung in Niger mit einer nur zweistelligen Zahl von Militärausbildern perspektivisch ein größerer Einsatz wird. Die Hemmschwelle, erneut große Truppenkontingente außerhalb des Nato-Gebiets zu verlegen, ist nach dem Rückzug aus Afghanistan und bald auch aus Mali deutlich höher geworden.

Über dem nachvollziehbaren neuen Fokus auf die Bündnis- und Landesverteidigung, den der Ukraine-Krieg in Europa erforderlich gemacht hat, sollte diese Möglichkeit jedoch nicht in Vergessenheit geraten.

Vorerst wird es jedenfalls noch deutlich mehr entwicklungs- und wirtschaftspolitische „soft power“ vonseiten Deutschlands und der Europäischen Union brauchen. Sonst wird die Offensivstrategie Russlands und auch Chinas in diesem Teil Afrikas noch mehr Erfolge verbuchen können als den deutschen Truppenabzug aus Mali.

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