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"Testen, Impfen. Vorsicht" steht auf einem Plakat an einer Bushaltestelle am Kurfürstendamm.

© Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa

Corona-Regeln nach dem 20. März: Die FDP sollte sich den Vorsichtsaposteln gegenüber liberal zeigen

Lockerungen sind richtig. Doch regional muss weiter schnell und verhältnismäßig reagiert werden können. Die Regeln dürfen nicht stumpf werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Es ist eine Konstellation, die ein bisschen bekannt wirkt nach zwei Jahren Pandemie: Die Freunde der Freiheit und des leidenden Volkes, die Wirtschaft eingeschlossen, liegen im Clinch mit den Vorsichtsaposteln und Gralshütern staatlicher Zwangsmaßnahmen. Aktuell geht es um die Frage, ob nach dem 19. März rein gar keine Beschränkungen mehr möglich sein sollen. Mit dem Beginn des Frühjahrs, so haben es Bund und Länder beschlossen, soll es keine Auflagen wie 2G und 3G und Testpflicht und so weiter mehr geben. Freiheit soll die Regel sein.

Weshalb vor allem die FDP den Beschluss des Kanzlers und der Ministerpräsidentenkonferenz vom Mittwoch als ihren Sieg gefeiert hat. „Nicht die Wiederherstellung von Freiheitsrechten muss begründet werden, sondern ihre Einschränkung - denn Freiheit muss selbstverständlich sein“, so hat es FDP-Fraktionschef Christian Dürr formuliert.

Wer will da widersprechen? Nach allem, was heute absehbar ist, gibt es demnächst keine Veranlassung mehr, Beschränkungen aufrechtzuerhalten.

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Aber was ist, wenn das Absehbare nicht eintritt? Das soll ja schon vorgekommen sein. Im vorigen Sommer dachten viele an einen ruhigen Virus-Herbst, und dann schlug die vierte Welle stärker ein als gedacht. Omikron wiederum galt zuerst als schlimme Variante, war dann aber alles in allem etwas netter zu uns als befürchtet.

Es kann so kommen oder so. Weshalb man etwas Verständnis aufbringen sollte für die Abteilung der Vorsichtigen, gerade jetzt. Die dritte Welle begann bekanntlich im März 2021. Mitte Februar vor einem Jahr dachte man vor allem an Freiheit.

Zwar liegen jene grundsätzlich richtig, die auf weitestgehende Lockerung setzen. Wer jetzt zu lange wartet, muss damit rechnen, dass die Entscheidungen von Gerichten gefällt werden. Eine Verlängerung der bisherigen Politik über den 20. März hinaus erscheint nicht mehr als verhältnismäßig.

Das spricht aber nicht dagegen, für alle Fälle die Möglichkeit zu belassen, dass Bund und Länder schnell und einigermaßen verhältnismäßig auf mögliche andere Situationen reagieren können.  Und zwar so, dass nicht erst eine Eilgesetzgebung nötig würde.

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Es ist daher nicht einzusehen, warum das Infektionsschutzgesetz ab dem 20. März ein stumpfes Mittel sein soll. Was die Länder einmütig fordern – den jetzigen Katalog an begrenzten Eingriffsmöglichkeiten fortzusetzen –, ist keine Unterminierung der neuen Freiheiten. Lokal oder regional auf ein aufflackerndes Infektionsgeschehen mit entsprechenden Wirkungen reagieren zu können (und dann eben auch wieder begrenzt Zugangsregeln oder Testpflichten zu verhängen) ist nicht unverhältnismäßig. Dieser „Instrumentenkasten“, wie die im Gesetz aufgelisteten Maßnahmen genannt werden, unterliegt ja auch der Kontrolle der Gerichte.

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Insofern sollte es keine allzu große Debatte geben in der Ampel-Koalition. Die FDP hat doch gewonnen, wie sie selbst sagt, da kann sie großzügig sein. Oder liberal. Mit Blick auf den Herbst ist ein Einlenken auch nicht die Vorwegnahme eines dann wieder schärferen Infektionsschutzgesetzes. Was in sechs Monaten nötig sein wird, wissen wir heute nicht – und müssen es auch noch nicht festlegen.

In diesem Streit um „niederschwellige Basisschutzmaßnahmen“ geht es verdeckt auch um Ideologisches. Freiheitliche Vorstellungen hier, etatistisches Denken dort. Die Gesellschaft gegen den Staat. Den meisten Leuten ist das herzlich egal. Sie denken und handeln pragmatisch. Wie immer orientiert sich kluge Politik daran. Vor allem die FDP läuft wieder Gefahr, in den Augen vieler Menschen den Bogen zu überspannen.

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