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„Ich kann nur vor Populismus an dieser Stelle warnen“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in Berlin.

© Fabian Sommer/dpa

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„Wir wissen nicht, ob es Übergewinne gibt“: Lindner lehnt Übergewinnsteuer entschieden ab

Zwei von drei Koalitionspartnern wollen die „Übergewinne“ der Mineralölkonzerne abschöpfen. Bundesfinanzminister Lindner warnt hingegen vor „Populismus“.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich gegen eine Übergewinnsteuer auf Extraprofite von Mineralölkonzernen durch den Ukraine-Krieg ausgesprochen. „Ich kann nur vor Populismus an dieser Stelle warnen“, sagte Lindner am Dienstag in Berlin. „Wir wissen nicht, ob es Übergewinne gibt.“

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Steuererhöhungen könnten dazu führen, dass es Knappheiten an der Zapfsäule gebe. „Die Knappheiten würden die Preise dann erst recht weiter steigern.“

Politiker von SPD und Grünen hatten wegen der weiter steigenden Energiepreise eine solche Zusatzabgabe ins Spiel gebracht. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölkonzerne „in der Krise die Taschen noch voller machen“, hatte SPD-Chef Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte dem „Tagessspiegel“: „Wir beobachten seit Monaten eine Entkopplung vom Rohölpreis und Tankstellenpreisen. Einige wenige profitieren, während ganz viele mittelständische Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden und sich fragen, wie sie durch das nächste Jahr kommen sollen. Die Übergewinnsteuer wäre da ein logischer Schritt.“

Lindner warnt vor „willkürlichen Steuererhöhung“

In der Ampelkoalition gibt es Meinungsverschiedenheiten über eine zusätzliche Abgabe auf die Extraprofite von Mineralölkonzernen durch den Ukraine-Krieg. Führende FDP-Politiker warnten am Dienstag vor einer sogenannten Übergewinnsteuer.

„Die ständigen Forderungen nach neuen Steuern bei SPD und Grünen sind schockierend und bewegen sich auf dem Niveau der Linkspartei“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai (FDP) der Deutschen Presse-Agentur.

[Lesen Sie auch: Benzin und Diesel wieder billiger: Ist der Tankrabatt überhaupt noch angebracht? (T+) ]

Der Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte „Es besteht die große Gefahr, dass das Gegenteil von dem erreicht wird, was die BefürworterInnen und Befürworter wollen“. Seine Sorge sei, dass eine „willkürliche Steuererhöhung“ für eine einzelne Branche dazu führe, dass es am Ende in Deutschland teurer werde. Das Kartellamt müsse prüfen, was an der Zapfsäule passiere.

Zwar gingen die Spritpreise für E10 und Diesel zunächst zurück, aber der Steuerrabatt wurde nicht vollständig weitergegeben.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa

Steuerrabatt nicht vollständig an Verbraucher weitergegeben

Tatsächlich ist bei den Spritpreisen trotz der seit Monatsbeginn geltenden Steuersenkung keine wesentliche Entspannung in Sicht. Zwar gingen die Preise für E10 und Diesel vom 31. Mai auf den 1. Juni zunächst zurück - aber der Steuerrabatt wurde nicht vollständig weitergegeben.

Seitdem werden Benzin und Diesel auch wieder teurer. Am Dienstagvormittag zeigte die Tendenz erneut leicht nach oben, wie der ADAC auf Anfrage mitteilte.

„Ich verstehe total den Ärger über das, was an der Zapfsäule ist“, sagte Christian Lindner. Auf eine Weltmarktentwicklung aber nun mit einer zusätzlichen Steuer nur in Deutschland zu reagieren, könne am Ende dazu führen, dass die Preise an der Zapfsäule noch weiter steigen. Dafür würde aber die Rechtssicherheit in Deutschland im Steuersystem infrage gestellt.

Ist eine Übergewinnsteuer gerechtfertigt?

„Wer einmal damit anfängt, aus edlen Motiven oder aus dem Wunsch danach, den Applaus des Tages am Stammtisch zu bekommen, Steuerrecht zu verändern, der wird den Geist nie wieder in die Flasche bekommen“, sagte Christian Lindner weiter. Er könne „amtlicherseits“ nicht bestätigen, dass es sogenannte Übergewinne überhaupt gebe, so Lindner. Es gebe Vermutungen, aber diese gebe es etwa auch im Bereich von Windstrom und Solarstrom oder von Halbleitern.

Ein Mann entnimmt kurz die Zapfpistole aus der Tanksäule an einer Tankstelle, um sein Fahrzeug mit Super E10 zu betanken.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa

International gibt es bereits Vorbilder für eine Übergewinnsteuer. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, verwies unter anderem auf Italien. Die dort als „Außerordentliche Solidaritätsabgabe“ bezeichnete Maßnahme bezieht sich einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zufolge ausschließlich auf Unternehmen der Energiebranche.

Besteuert werden die Umsätze, genauer die Differenz der Umsätze aus zwei Zeiträumen in diesem und dem vergangenen Jahr. Macht ein Unternehmen mehr als 5 Millionen Euro oder zehn Prozent mehr Umsatz, muss es zahlen. (dpa)

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