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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (links) und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu. Das Foto zeigt sie bei Gesprächen im Jahr 2010 in Washington.

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Nahost-Friedensgespräche: Durch die Hintertür

Konfrontation statt Kompromiss: Die Friedensgespräche im Nahen Osten gelten als gescheitert. Doch endgültig geben Israelis wie Palästinenser sie noch nicht verloren.

Neun Monate lang wurde geredet, verhandelt und viel gestritten. Nur: In zig Runden unter Vermittlung der USA sind sich Israelis und Palästinenser kein Stück näher gekommen. Im Gegenteil. Die Kontrahenten ließen kaum eine Gelegenheit aus, neue Probleme zu schaffen anstatt die vielen vorhandenen erst einmal zu lösen. So, als würde ihre Devise lauten: Konfrontation statt Kompromissfähigkeit. Und mit dieser demonstrativen Halsstarrigkeit haben sie Amerika und seinen Chefdiplomaten verprellt.

Als am Dienstag die Frist für die Friedensgespräche ablief, war John Kerry in Afrika unterwegs. Äthiopien, Kongo, Angola hießen die Stationen – den Nahen Osten lässt der US-Außenminister demonstrativ links liegen. Und: Seine erfolglose Mission scheint Kerry zu frustrieren. In einem kleinen Kreis soll er Israel davor gewarnt haben, das Land könne sich ohne eine Übereinkunft mit den Palästinensern zu einem Apartheidsstaat entwickeln. Undiplomatische Worte für einen Diplomaten, die er am nächsten Tag am Liebsten zurückgenommen hätte. Denn es war ein Affront gegenüber Jerusalem, der deutlich macht, wie verärgert die Supermacht ist – und dass sie die Hoffnung auf einen Durchbruch in Nahost weitgehend begraben hat.

Symbol der Teilung. Die Mauer in Jerusalem.

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Das Gleiche gilt wohl für Israelis wie Palästinenser. Die einen haben verärgert über die mögliche Aussöhnung der rivalisierenden Gruppen Fatah und Hamas die Gespräche jetzt auf Eis gelegt. Die anderen wiederum forcieren die Anerkennung eines Staates Palästina auf internationaler Ebene. Auf beiden Seiten waren ohnehin die Vorbehalte schon zu Beginn Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung groß. Deshalb galt allein ihr Zustandekommen bereits als Erfolg. Doch nach Einschätzung von Beobachtern wurde rasch klar, dass es generell an Bereitschaft mangelte, auf den jeweils anderen zuzugehen. Man verschanzte sich, so schien es, hinter Maximalforderungen. Sind die Friedensgespräche nun endgültig gescheitert?

Möglichkeiten für eine Zweistaatenlösung

Von offizieller israelischer Seite wird diese Frage mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Noch gebe es die Möglichkeit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren – vorausgesetzt, auf palästinensischer Seite sitzen keine Vertreter der radikalislamistischen Hamas. „Man kann von uns nicht erwarten, dass wir mit Leuten über den Frieden reden, die sich die Zerstörung des jüdischen Staates auf die Fahnen geschrieben haben“, sagt Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Sollte es wirklich eine Einheitsregierung von Fatah und Hamas geben, die das Existenzrecht Israels ohne wenn und aber anerkennt, dann gebe es durchaus eine Chance, die Gespräche fortzusetzen. Und daran habe Jerusalem „echtes“ Interesse. „Wir wollen eine Zweistaatenlösung. Wir wollen Frieden in Nahost.“ Und Israel habe schon mehrfach seine Entschlossenheit unter Beweis gestellt, betont Hadas Handelsman. Als Beispiel verweist der Botschafter auf das Angebot, sogar Gefangene freizulassen, die „Blut an ihren Händen haben“ – als Geste des Entgegenkommens.

Denn normalerweise sei es üblich, einen derartigen Austausch erst vorzunehmen, wenn Verhandlungen abgeschlossen sind. „Wir haben die Gefangenen teilweise schon zu Beginn der Gespräche freigelassen, um unseren guten Willen zu demonstrieren. Auch der Siedlungsbau sei kein Friedenshindernis: „Die kann man auflösen, und das haben wir etwa 2005 mit dem Abzug aus dem Gaza bewiesen.“ Überhaupt habe es mehrfach Gelegenheiten geben, sich zu verständigen. „Doch immer, wenn wir an einer wichtigen Kreuzung standen, hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die falsche Richtung eingeschlagen.“

Das sieht man in Ramallah völlig anders. Die unnachgiebige Haltung Israels gerade in der Siedlungspolitik habe gezeigt, dass Jerusalem nicht zum Frieden bereit sei. Dazu passe auch die gebrochene Zusage, weitere Langzeithäftlinge freizulassen. Daher setzen die Palästinenser sowohl auf die Anerkennung als Staat in internationalen Organisationen (etwa durch einen Beitritt zum Strafgerichtshof), als auch auf Versöhnung mit der Hamas. Die ist aber nach Abbas’ Lesart keine unüberwindliche Hürde auf dem Weg zum Frieden. Erst einmal in Regierungsverantwortung würden die Islamisten Israels Existenzrecht anerkennen. Klingt nach einer Hintertür. Nur weiß keiner, ob sie wirklich offen ist.

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