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Einige E-Roller stehen in einer Reihe auf einem Stellplatz.

© dpa/Britta Pedersen/Bearbeitung Tagesspiegel

E-Roller-Verbot in Gelsenkirchen : Werden andere Städte nachziehen?

Vielerorts sind E-Scooter zum Ausleihen umstritten – Gelsenkirchen beschloss kürzlich, die Tretroller aus der Stadt zu verbannen. Ein Vorbild für andere Städte?

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Seit April sind E-Leihroller in Gelsenkirchen nicht mehr Teil des Stadtbilds. Die Stadt hatte verlangt, dass sich Nutzer einmalig etwa mittels Personalausweis oder Führerschein bei den Verleihfirmen registrieren müssen. Hintergrund waren nach Angaben der Stadt Unfälle, insbesondere einer mit Todesfolge.

Die Unternehmen wandten sich gegen diese Auflagen, scheiterten aber in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Die Roller mussten entfernt werden. Werden andere Städte und Gemeinden nun ähnliche Schritte gehen? Drei Expert:innen geben ihre Einschätzung ab. Alle Folgen der Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.


Nachahmer sind wegen der unklaren Rechtslage unwahrscheinlich

Zunächst sollte mit einer Fehlannahme aufgeräumt werden: E-Scooter-Sharing ist in keiner deutschen Stadt verboten, auch nicht in Gelsenkirchen. Seit dem 1. April 2024 schreibt die Stadt operative Auflagen für den Betrieb vor, die die Anbieter als unzulässig erachten.

Ein Antrag auf Sondernutzung ohne diese Verpflichtung wurde von der Stadt abgelehnt. Deshalb wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt. Ein Urteil steht noch aus. Die Stadt Gelsenkirchen setzt sich indes einem hohen Haftungsrisiko aus.

Gute Beispiele für verträgliches E-Scooter-Sharing sind Düsseldorf und München. 

Alexander Jung, Sprecher der Plattform Shared Mobility (PSM)

Ein Wiederholungsfall ist nicht nur angesichts der unklaren Rechtslage unwahrscheinlich. Die meisten Städte haben verstanden, dass Vielfalt im Mobilitätsmix den Klimaschutz voranbringt und die Lebensqualität verbessert.

Gute Beispiele für verträgliches E-Scooter-Sharing sind Düsseldorf und München. Integrierte Mobilitätskonzepte und der sukzessive Ausbau von Parkflächen sorgen hier dafür, dass E-Scooter ihren Platz im öffentlichen Raum finden. Es kann sehr gut gelingen, wenn Städte es wollen.


Ein Verbot der E-Roller ist keine Lösung

Dort wo die E-Scooter seit 2019 auftauchten, haben sie es oftmals über Nacht geschafft, zum Stadtgespräch zu werden. Denn trotz vereinbarter Regeln zeigte sich, dass die flexiblen Fahrzeuge zu häufig auf dem Gehweg landen.

Anbieter und Städte haben einiges probiert. Doch allein mit Hinweisen in den Apps oder dem Ruf nach vermehrten Kontrollen lässt sich das Fehlverhalten Einzelner nicht in den Griff bekommen.

Die Geduld der Stadtpolitik neigt sich mancherorts dem Ende. Nicht zuletzt, weil E-Scooter ein ernsthaftes Imageproblem bei der Wählerschaft haben. Die Lösung sollte aber weniger in einem Verbot als in einem verkehrsverträglichen Rahmen liegen. Mit Sondernutzungserlaubnissen nutzen immer mehr Städte ein scharfes Schwert, um Auflagen gegenüber den Anbietern durchzusetzen und gleichzeitig die Angebote besser in den lokalen Verkehrsmix einzugliedern.

Hierzu gehören neben Kontingentierungen und Verbotszonen auch die Verknüpfung mit dem öffentlichen Nahverkehr und vor allem festgelegte Abstellbereiche. Gerade mit ausgewiesenen Flächen und dem Ende des stationslosen Betriebs lässt sich in den Innenstädten Ordnung schaffen und vielleicht auch die Debatte befrieden.


Ein Verbot ist rechtlich kompliziert

Fünf Jahre nach der Zulassung sind E-Scooter für viele noch immer ein Aufreger. Auch wenn die Flotten nach dem anfänglichen Hype längst geschrumpft sind. Zu viele Fahrzeuge landen nach wie vor auf Bürgersteigen und werden zu Stolperfallen. Schwere Unfälle mit zum Teil alkoholisierten E-Roller-Fahrern machen Schlagzeilen. Der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach strengeren Regeln ist groß.

Nachvollziehbar, dass Städte nach neuen Mitteln und Wegen suchen, die Probleme in den Griff zu bekommen – wie eben Gelsenkirchen, das von den Anbietern eine Identitätsprüfung der Kunden verlangt. Das soll helfen, bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten die Verursacher zu finden. Die Anbieter lehnen das ab und mussten ihre Roller aus der Stadt entfernen, zumindest vorerst.

Ein Verbot durchzusetzen, ist rechtlich kompliziert. Ob weitere Städte dem Beispiel Gelsenkirchen folgen, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie die Gerichte in dem Fall letztlich entscheiden. Das kann dauern. Verbotszonen, Aufklärung und extra Parkplätze erscheinen deshalb als geeignetere Lösung, das Roller-Chaos zu ordnen – auch im Sinne der Mobilitätswende.

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