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Olaf Scholz.

© REUTERS/LEONHARD SIMON

„Eine Hängepartie wäre schlecht“: Scholz bastelt noch an Lambrechts Nachfolge

Schon lange soll die Verteidigungsministerin an ihren Rücktritt gedacht haben. Am Tag aber, als sie ihn verkündet, hat der Kanzler nicht sofort Ersatz parat.

Um kurz nach zehn Uhr am Montagvormittag herrscht endgültig Gewissheit, dass das Verteidigungsministerium eine neue Führung braucht. In einer Pressemitteilung des Hauses lässt Christine Lambrecht mitteilen, dass sie Bundeskanzler Olaf Scholz um ihre Entlassung gebeten habe.

Sie erklärt sich nicht groß in den vier folgenden Sätzen, spricht auch nicht von eigenen Fehlern oder Versäumnissen, sondern stellt lediglich fest: „Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu.“

Viel mehr passiert offiziell nicht an diesem denkwürdigen Tag, an dem immerhin die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt inmitten einer sicherheitspolitischen Extremsituation entnervt das Handtuch wirft. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann richtet aus, dass Scholz das Rücktrittsgesuch akzeptiert hat.

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Unmittelbar wirksam wird es jedoch nicht. Im Ministerium gibt es nicht einmal einen Zeitplan dafür, wann Lambrecht im Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die entsprechende Urkunde ausgehändigt bekommt.

„Zeitnah“ solle die Personalie geklärt werden, sagt Hoffmann nur. Was auch in der eigenen Ampelkoalition sofort dazu führt, dass etwa FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warnt, die Regierung könne sich gerade jetzt kein vakantes Verteidigungsministerium leisten mit einem Krieg in Europa und der anstehenden Modernisierung der Bundeswehr: „Eine Hängepartie wäre schlecht für Deutschland.“

Zeitlicher Abstand nur „eine Frage des Respekts“?

Die dürfte es auch nicht geben. Dass noch nicht unmittelbar nach Lambrechts Entlassungsgesuch verkündet werde, wer das Amt der 19. Verteidigungsministerin übernehme, sei „eine Frage des Respekts“, wie es in Regierungskreisen gegenüber dem Tagesspiegel hieß.

Auf jeden Fall werde Deutschland bei der Konferenz in Ramstein, zu der am Freitag ranghohe Vertreter der die Ukraine mit Waffen unterstützenden Länder erwartet werden, mit einem neuen Verteidigungsminister oder einer neuen Verteidigungsministerin vertreten sein. Die Bekanntgabe findet höchstwahrscheinlich an diesem Dienstag, spätestens Mittwoch statt.

Jedenfalls liegt die zeitliche Verzögerung nicht daran, dass der Kanzler von der Notwendigkeit einer Kabinettsumbildung überrascht worden wäre. Er wusste dem Vernehmen nach schon seit Wochen, ja Monaten, dass Lambrecht erwog hinzuschmeißen – und fing an, sich für diesen Fall zu wappnen.

Noch haben Scholz’ Puzzlestücke wohl nicht ganz gepasst

Rückblickend muss Scholz’ Interviewaussage Mitte Dezember, wonach sie „eine erstklassige Verteidigungsministerin“ sei, zumindest als Ermunterung zu verstehen gewesen sein, noch etwas länger durchzuhalten – vielleicht auch, um mehr Zeit für die nicht ganz einfache Suche nach der oder dem Neuen zu haben.

Trotzdem schien am Montag noch keineswegs sicher, dass Scholz bereits zu einer Entscheidung gelangt war. So führte er von Ulm aus, wo er erst die Brauerei Gold Ochsen und anschließend ausgerechnet die Rüstungsschmiede Hensoldt besuchte, parallel noch Gespräche.

Dem Kanzler ist bewusst, dass er mit dieser Personalentscheidung richtig liegen, dass sie auf jeden Fall passen und ein schlüssiges Puzzlebild ergeben muss.

Eigentlich braucht Scholz seinen Vertrauten Wolfgang Schmidt weiter als Kanzleramtsminister. Der erfahrene Arbeitsminister Hubertus Heil ist trotz aller Managementfähigkeiten bisher kaum außen- und sicherheitspolitisch aufgefallen, eine Doppelrolle für SPD-Chef Lars Klingbeil könnte die mühevoll hergestellte Balance in der Regierungspartei gefährden. Scholz, so ist zu hören, könnte auch eine Überraschung vorbereitet haben.

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