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Donald Trump am Tag seiner Wahlniederlage.

© REUTERS/Carlos Barria

Einer, der das Land bis zum Zerreißen spaltet: Steht uns auch bald ein Typ wie Trump ins Haus?

Was sich in den USA abspielt, erreicht Deutschland meist mit Verspätung. Gilt das neben der neuesten Schuhmode auch für die Demokratie? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und, müssen wir hier in diesem Land jetzt nervös werden? Angesichts der, sagen wir, amerikanischen Verhältnisse? Die Frage kommt auf, weil es bisher doch immer so war, dass mit Verspätung von ein, zwei, drei Jahren, wie lang auch immer, das auf uns überspringt, was sich in den USA abspielt. Auf Deutschland zumal. So groß ist der Große Teich dann doch nicht.

Gemeint ist natürlich nicht die neueste Sportschuhmode, sondern dass in einem Land mit funktionierender Demokratie trotzdem – oder gerade deshalb? – einer wie Donald Trump gewählt werden kann. Einer, der das Land spaltet bis zum Zerreißen, kann man sagen.

Mehr als 70 Millionen Menschen haben diesen Mann gewählt, das sind mehr, als Barack Obama ihre Stimme gegeben haben, damals, in den Zeiten von „Hope“ und „Change“. Und dennoch hat Trump verloren.

Jedenfalls sieht alles danach aus, und Gerichte werden daran nichts ändern; einmal, weil Wahlbeobachter – nein, nicht von den Republikanern, sondern beispielsweise von der OSZE – keine Unregelmäßigkeiten festgestellt haben, zweitens, weil er zunehmend bedrängt wird, sich jetzt im „institutionellen Unterlassen“ zu üben, das es auch gibt, um Demokratien funktionsfähig zu halten. Will sagen: Trump kann klagen, sollte aber nicht. Weil es besser wäre, für das Land, ihn, alle.

Immer und für alles Kompromisse

Aber zurück nach Deutschland. Kann uns ein Typ wie Trump ins Haus stehen? Nein. So nicht. Warum nicht? Weil hier immer und für alles Kompromisse nötig sind.

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Denn es prallen nicht zwei Parteien aufeinander, die das Land gleichsam unter sich aufteilen, sondern es werden viel mehr Parteien gewählt, die zum Regieren koalieren. Und wir haben ein anderes Wahlrecht. Dabei geht es nicht um besser oder schlechter, nur anders. Der Bundeskanzler* wird nicht direkt vom Volk gewählt, sondern es werden immer noch zuerst Parteien angekreuzt.

Außerdem: Wir haben in Deutschland keine Person wie Trump. Friedrich Merz, neulich ziemlich böse als „Sauerland-Trump“ bezeichnet, ist sicher der konservativste Kandidat für den CDU-Vorsitz, aber das war es dann. Der Bundespräsident, Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier, käme nicht wie bei Trump auf die Idee, Merz einen „Hassprediger“ zu nennen. Die anderen in der CDU sind es ganz bestimmt auch nicht.

Die AfD als Möchtegern-Tea-Party

Und die AfD? Eine Möchtegern-Tea-Party. Kein Alexander Gauland – auch wenn er Trumps Alter hat –, kein Björn Höcke hat diese demagogisch-diabolische Anziehungskraft.

Zwar sind die, die da bei den Rechtspopulisten zusammenkommen, zahlenmäßig weiß Gott genug; aber sie sind weit entfernt von der Mehrheit, sehr weit. In der Abwehr ihrer Gedanken funktionieren die demokratischen Reflexe von rund 90 Prozent der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass die AfD, obwohl im Netz viel unterwegs, keine multimediale Power hat.

Fazit: Die Amerikaner haben uns die Demokratie gebracht. Und sie lehren uns gerade wieder, was es erfordert, diese Verhältnisse zu verteidigen.

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