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Zerstörter LKW mit Hilfsgütern der UN in Syrien

© Reuters/Ammar Abdullah

Update

Ende der Waffenruhe in Syrien: Russland dementiert, UN-Konvoi angegriffen zu haben

Die UN ziehen Konsequenzen aus einem Luftangriff auf einen ihrer Hilfskonvois für Aleppo und stellen die Hilfslieferungen nach Syrien ein.

Nach dem Angriff auf Lastwagen eines Hilfskonvois in Syrien haben die vereinten Nationen beschlossen, alle Hilfslieferungen nach Syrien einzustellen. Die Sicherheitslage in Syrien erlaube bis auf weiteres keine neuen Transporte zu den Hunderttausenden hilfsbedürftigen Menschen, sagte ein UN-Sprecher am Dienstag in Genf. Auch das Rote Kreuz wird nach Aussagen eines Sprechers vorerst alle Hilfslieferungen verschieben und die Sicherheitslage neu bewerten.

Der UN zufolge wurden am Montag mindestens 18 Lastwagen mit Hilfsladungen bei Angriffen in Orum al-Kubra westlich von Aleppo beschädigt. Sie gehörten zu einem Konvoi von 31 Fahrzeugen der UN sowie des Roten Halbmonds, die 78.000 Menschen in Orum al-Kubra versorgen wollten.

Nach Angaben des Roten Kreuzes seien bei dem Angriff etwa 20 Menschen ums Leben gekommen. "Rund 20 Zivilisten und ein Mitarbeiter des Roten Halbmonds wurden getötet, als sie humanitäre Hilfsgüter von den Lastwagen luden", erklärte die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften am Dienstag in Genf. .

UN-Vertreter Stephen O'Brien sagte, bei dem Angriff seien auch ein Lagerhaus des Syrischen Roten Halbmonds sowie eine Klinik getroffen worden. Der Konvoi habe Güter für "dringend hilfsbedürfige Menschen" an Bord gehabt.

Mehr als 40 Angriffe, zahlreiche Tote

Syriens Armee hatte die Waffenruhe am Montagabend nach einer Woche für beendet erklärt. Kampfjets flogen danach mehr als 40 Angriffe auf die Provinz Aleppo und die gleichnamige Stadt. Mindestens 38 Menschen kamen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte ums Leben. Getroffen wurden in dem Ort Orem al-Kubra den UN zufolge auch Laster eines Hilfskonvois und ein Lagerhaus. Die Laster hatten zuvor Hilfsgüter mehrerer Hilfsorganisationen gebracht.

Auch am Dienstag flogen Kampfflugzeuge im Norden des Landes weitere Luftangriffe auf Rebellengebiete. Die Jets hätten ein Gebiet nördlich der Großstadt Aleppo bombardiert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Südlich der Stadt kam es zwischen Anhängern der Regierung und Regimegegnern zu Kämpfen um eine Versorgungsroute. Syrische und russische Jets hätten das Gebiet bombardiert.

UN ist empört über Angriff

Die Vereinten Nationen reagierten mit Abscheu und Fassungslosigkeit auf den tödlichen Luftangriff auf einen von ihr organisierten Hilfskonvoi in Syrien . Sollte sich der Angriff vorsätzlich gegen die Helfer gerichtet haben, "dann läuft dies auf ein Kriegsverbrechen hinaus", sagte der Chef der UN-Hilfseinsätze, Stephen O'Brien, am Montag in New York. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, brachte seine "enorme Empörung" über den Vorfall zum Ausdruck.

Die UN-Vertreter betonten, dass der Konvoi der Lkws mit Hilfsgütern für die Region Aleppo in intensiven Verhandlungen mit den dortigen Kriegsparteien vorbereitet worden und klar als humanitärer Transport gekennzeichnet gewesen sei. Es gebe "keine Erklärung und keine Entschuldigung, keinen Grund und keine Rechtfertigung dafür, Krieg gegen tapfere und selbstlose humanitäre Helfer zu führen", sagte O'Brien. Er forderte eine Untersuchung.

Russland dementiert Angriff auf Hilfskonvoi

Die USA richteten derweil Vorwürfe an Moskau und Damaskus. Als Verantwortliche für den Angriff auf den Konvoi kämen nur die Luftwaffe der syrischen Regierung oder deren Verbündeter Russland in Frage, sagten hochrangige Vertreter des US-Außenministeriums. "Russland steht nun in der Pflicht, schnell und nachdrücklich zu demonstrieren, dass es sich dem Friedensprozess verpflichtet fühlt", sagte einer der US-Vertreter.

"Die Russen haben die Verantwortung, selbst solche Aktionen zu unterlassen, aber sie haben auch die Verantwortung, das Regime davon abzuhalten", sagte er weiter. Der Angriff auf den Konvoi sei ein "schwerer Schlag für unsere Bemühungen, Syrien Frieden zu bringen".

Russland und Syrien dementierten, den Konvoi angegriffen zu haben. „Weder die russische noch die syrische Armee hat einen Luftangriff auf den UN-Konvoi bei Aleppo geflogen“, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge. „Wir haben Videoaufzeichnungen geprüft und keine Anzeichen festgestellt, dass die Wagenkolonne von Munition - welcher Art auch immer - getroffen wurde. Zu sehen sind keine Bombentrichter, die Wagen weisen keine Schäden durch eine Druckwelle auf. Alles, was wir im Video gesehen haben, ist eine direkte Folge eines Brandes“, sagte Konaschenkow. Russland machte dagegen die USA dafür verantwortlich, dass der gesamte Friedensprozess in Syrien in Gefahr sei, Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau. Damit die Waffenruhe doch noch gerettet werden könne, müssten die Angriffe von Rebellen auf die syrische Armee aufhören, forderte er. „Und natürlich würde es nicht schaden, wenn unsere amerikanischen Kollegen nicht versehentlich Syrer bombardieren würden“, sagte Peskow der Agentur Interfax zufolge. Er sehe kaum Chancen für eine rasche Erneuerung der Waffenruhe. Die Lage in dem Bürgerkriegsland sei extrem gespannt und löse Besorgnis aus.

Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault verurteilte den Angriff auf den Hilfskonvoi auf das Schärfste. Der Vorfall zeige "die dringende Notwendigkeit für ein Ende der Kämpfe in Syrien", sagte Ayrault. Russland und die USA hatten in der vergangenen Woche eine Waffenruhe für Syrien ausgehandelt. Diese wurde am Montag aber von der syrischen Armee für beendet erklärt.

Vor dem für Dienstag geplanten Treffen der internationalen Syrien-Unterstützergruppe in New York warf die syrische Opposition der Weltgemeinschaft Versagen vor. "Die Welt begnügt sich damit, zuzusehen ohne einzuschreiten", sagte der Koordinator des oppositionellen Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab, am Montag in New York.

Nach der Aufkündigung der Waffenruhe durch die syrische Armee gehe das Blutvergießen unvermindert weiter, klagte Hidschab. "Russland und der Iran vergießen syrisches Blut, das Regime bombardiert Krankenhäuser, es wirft tausende Fassbomben und andere geächtete Bomben ab - und die Welt schaut zu." Die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats seien alle "vergeblich" gewesen. (dpa, AFP, epd)

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