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Am Abend der Wahl fahren Anhänger des bislang amtierenden türkischen Präsidenten Erdogan in Duisburg-Marxloh mit ihren Autos über die Straßen.

© dpa/Christoph Reichwein

Erdogans Lobby in Deutschland: Wie die Türkei in der Bundesrepublik Einfluss nimmt

Ankaras Regierungspartei AKP wirbt seit Jahren in Deutschland um die türkische Diaspora. Mehrere Organisationen machen Lobbyarbeit für die Partei des Präsidenten.

In keinem anderen Land der Welt gibt es eine größere türkische Diaspora als in Deutschland. Rund 1,5 Millionen in der Bundesrepublik lebende Personen dürfen bei den Präsidentenwahlen in der Türkei abstimmen. Allein aus diesem Grund ist diese Gruppe seit Jahren Ziel von Versuchen der Einflussnahme.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz zählt die Türkei zu den nachrichtendienstlich aktivsten Ländern in Deutschland – neben Russland, China und dem Iran. Dabei geht es nicht nur darum, in der Türkei als extremistisch eingestufte Organisationen wie die kurdische PKK auch im Ausland auszuspähen. Neben den Aktivitäten der Nachrichtendienste gibt es Bemühungen anderer Akteure, in Deutschland türkische Interessen durchzusetzen.

Die deutschen Verfassungsschützer sehen „Einflussnahmeversuche auf türkeistämmige Gemeinschaften in Deutschland“, wie es im Bericht des Bundesamtes für 2021 hieß. „Regierungsnahe Organisationen werben in Deutschland und anderen europäischen Staaten für die gegenwärtige türkische Politik.“

Vorfeldorganisation der AKP

Der größte staats- oder regierungsnahe Interessenverband aus der Türkei sei die „Union Internationaler Demokraten“ (UID). Die Organisation, die 2004 in Köln mit Unterstützung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegründet wurde, macht Lobbyarbeit für dessen AKP.

Sie ist heute in insgesamt 17 Ländern aktiv, ihre Europa-Zentrale blieb jedoch Köln. In Deutschland bemüht sie sich mit Regionalverbänden und vielen Ortsvereinen um eine starke lokale Verankerung. Die UID wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet.

Nach außen hin gibt sich die UID unabhängig und politisch neutral. Sie hat es sich nach eigenen Angaben zur Aufgabe gemacht, „türkische Gemeinden im Hinblick auf ihre Identitätsentwicklung und -stärkung zu fördern“. Doch in Wirklichkeit agiert sie als eine Vorfeldorganisation der AKP im Ausland.

Auftritt bei „Grauen Wölfen“

Bereits seit Jahren – also nicht nur in den Wahlkampf-Endphasen – organisiert die UID in Deutschland Veranstaltungen mit AKP-Vertretern. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib).

Der in Köln eingetragene Verein steht unter der Kontrolle des türkischen Staates. Er dient als Dachverband von mehr als 900 Moscheen in Deutschland, erreicht also Hunderttausende Deutsch-Türken. Die Imame werden nicht nur in der Türkei ausgebildet, sondern auch vom Staat bezahlt. Politische Veranstaltungen sind in Ditib-Moscheen keine Seltenheit, dort treten immer wieder AKP-Politiker auf.

Bedeutend kleiner als Ditib, aber dennoch einflussreich ist die „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“. Auch sie sucht den Schulterschluss mit dem Erdogan-Lager.  

Die Regierungspartei AKP wirbt in Deutschland selbst im Umfeld der rechtsextremen „Grauen Wölfe“. Im Januar trat ein AKP-Abgeordneter in einer Moschee der „Grauen Wölfe“ im nordrhein-westfälischen Neuss auf und forderte die „Vernichtung“ der PKK und der so genannten Gülen-Bewegung. Daraufhin wurde der türkische Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt.

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