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Blumen und Kerzen, die zum Gedenken an die Opfer vom Breitscheidplatz aufgestellt wurden.

© dpa/Jörg Carstensen

Ermittlungen vor Breitscheidplatz-Attentat: BND hat sich wohl intensiver mit Amri befasst als bekannt

Der BND hat kurz vor dem Breitscheidplatz-Attentat Informationen zu Amri eingeholt. Unter anderem veranlasste er eine Handy-Ortung.

Dass sich deutsche Sicherheitsbehörden schon früh mit dem Breitscheid-Attentäter Anis Amri beschäftigten, ist bekannt. So waren mehrere V-Leute in dessen Umfeld unterwegs. Doch nun rückt eine RBB-Recherche auch den Bundesnachrichtendienst (BND) in den Fokus. Demnach soll der BND bereits sechs Wochen vor dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt „umfangreiche Erkenntnisse“ über Amri gehabt haben. Das gehe aus internen Behördendokumenten hervor.

Zum Hintergrund: Im Herbst 2016, also wenige Monate bevor Amri den LKW auf den Berliner Breitscheidplatz steuerte, hatte sich der marokkanische Geheimdienst mit Hinweisen über Amri gemeldet. So wurde Amri in einem Schreiben aus Rabat im September 2016 als Cyberislamist bezeichnet, der Anhänger des IS sei und ein „Projekt ausführe“. Wenig später warnte der marokkanische Geheimdienst, Amri sei in Kontakt mit Bewerbern für den Dschihad. Im November 2016 beschlossen die Behördenvertreter im GTAZ, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz den Hinweisen aus Marokko noch einmal nachgehen soll.

Zu dieser Zeit stellte offenbar auch der BND Erkundigen zu Amri an. Der Geheimdienst untersuchte Amris Facebook-Profil und fand darauf auch Hinweise, dass Amri mit radikalen Islamisten in Kontakt stand. Das räumte der BND später Sicherheitskreisen zufolge auch gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium ein.

Bekennervideo mit Waffe

Laut internen Behördenunterlagen, die dem Tagesspiegel vorliegen, suchte der deutsche Auslandsgeheimdienst gut sechs Wochen vor dem Anschlag auch gezielt nach Amri. Der BND ortete am 21. November 2016 sein Handy im „Dreieck zwischen Rostock, Potsdam und Cottbus“, wie es in einer internen Stellungnahme des BND vom Februar 2017 an das Kanzleramt heißt. „Eine Weiterleitung an die Innenbehörden unterblieb aufgrund mangelnder Relevanz der lediglich ungefähren Lokalisierung“, heißt es in dem Schreiben. Eine weitere Woche später prüften BND-Mitarbeiter laut RBB Amris Daten außerdem im Ausländerzentralregister (AZR). Amri hatte sich 14 Identitäten zugelegt.

Zur selben Zeit nahm Amri ein Video auf, das ihn wohl mit der Waffe zeigt, mit dem er später den polnischen LKW-Fahrer erschoss. Darin kündigte Amri Gewalttaten an. Dieses Video wurde dem BND aber nach Angaben der Bundesregierung erst nach dem Anschlag von einem ausländischen Nachrichtendienst übermittelt. Darüber hatten vor dem RBB bereits WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen hatte im März 2017 über den Fall Amri gesagt, es habe sich um einen reinen „Polizeifall“ gehandelt, der in den zuständigen Bundesländern behandelt worden sei. Vertreter der Opposition im Bundestag halten das schon lange für widerlegt.

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