zum Hauptinhalt
Evangelos Meimarakis von der Nea Demokratie (ND)

© AFP

Evangelos Meimarakis: Löst er Alexis Tsipras ab?

Er war nur der Verlegenheitskandidat: Doch Evangelos Meimarakis könnte am nächsten Sonntag bei der Wahl in Griechenland siegen. Ein Porträt.

Er sollte nur ein Übergangschef sein an der Spitze der konservativen Nea Dimokratia (ND). Aber jetzt erweist sich die Verlegenheitslösung plötzlich als großer Trumpf der griechischen Oppositionspartei: Evangelos Meimarakis greift nach dem Amt des Ministerpräsidenten, wenn am kommenden Sonntag in Griechenland ein neues Parlament gewählt wird. Unter seiner Führung hat die ND in den Umfragen mit dem Linksbündnis Syriza so gut wie gleichgezogen.

Ein Berufspolitiker der alten Schule

Dabei ist der 61-jährige Meimarakis ein Berufspolitiker der alten Schule, ein Repräsentant jener politischen Elite, die Griechenland in den vergangenen Jahrzehnten mit Vetternwirtschaft und Schuldenpolitik an die Wand gefahren hat. Dass er dennoch für viele Wähler eine glaubhafte Alternative zu dem Linkspopulisten Alexis Tsipras ist, zeigt die extreme politische Polarisierung, die das Land vor dieser Wahl erlebt.

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Das hätte Tsipras wohl nicht gedacht, als er im August mit dem Rücktritt seiner Regierung die vorgezogene Wahl herbeiführte. Und nun könnte ihm mit Meimarakis ausgerechnet ein typischer Vertreter des alten politischen Systems, dem Tsipras den Kampf angesagt hat, den Rang ablaufen. Der aus Kreta stammende Meimarakis kommt aus einer bürgerlichen, konservativen Politikerfamilie. Als Tsipras 1974 geboren wurde, war der damals 20-jährige Meimarakis schon Parteimitglied. Seit 26 Jahren sitzt er im Parlament.

Im direkten Vergleich mit Tsipras wirkt Meimarakis bieder, aber auch jovial und volksnah. Rhetorisch ist er dem charismatischen Tsipras zwar unterlegen, doch seine schnörkellose, einfache Sprache kommt bei vielen Griechen gut an. Meimarakis plädiert für die Bildung einer großen Koalition und zeigt sich sogar bereit, dafür im Fall eines Wahlsieges auf das Amt des Premiers zu verzichten – ein kluger Schachzug, denn sieben von zehn Wählern wollen ein breit aufgestelltes Regierungsbündnis

In der persönlichen Popularitätswertung hat Meimarakis den bisherigen Polit-Star Tsipras sogar überflügelt: Während Tsipras von sagenhaften 70 Prozent Zustimmung im Frühjahr auf jetzt 42 Prozent abstürzte, kommt der ND-Chef auf 44 Prozent. Viele Wahlforscher glauben dennoch, dass Tsipras am Ende die Wahl für sich entscheiden könnte. Eine Vorentscheidung dürfte das Fernsehduell bringen, zu dem die beiden Spitzenkandidaten an diesem Montagabend antreten werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false