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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, r) steht am 14.04.2011 neben der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton bei einer Pressekonferenz in Berlin.

© dpa

Feindbild Merkel: Warum Donald Trump so sehr auf der Kanzlerin herumhackt

„Hillary Clinton will die Angela Merkel von Amerika sein“, sagte Donald Trump bei einer Rede. Die Bundeskanzlerin ist dabei ein Symbol für verfehlte Flüchtlingspolitik.

Wenn Donald Trump seine Rivalin Hillary Clinton im US-Wahlkampf mal so richtig herunterputzen will, dann muss die deutsche Kanzlerin ran. „Hillary Clinton will die Angela Merkel von Amerika sein“, sagte Trump jetzt unter dem Beifall seiner Anhänger in einer Rede in Ohio. Merkel steht bei Trump für eine völlig verfehlte Flüchtlingspolitik, mit der eines der stärksten Länder Europas angeblich in den Ruin getrieben wird. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum das Feindbild Angela für Trump wichtig ist.

Deutschland könnte ein so schönes Land sein, wenn bloß Merkel und ihre tolerante Flüchtlingspolitik nicht wären, lautet das Credo von Trump, dessen Großvater gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus dem rheinland-pfälzischen Kallstadt nach Amerika auswanderte. Schon im Vorwahlkampf des vergangenen Jahres tauchte die Politik der Kanzlerin in den Reden und Kommentaren des Rechtspopulisten als warnendes Beispiel auf.

Er habe Merkel immer für eine großartige politische Führungspersönlichkeit gehalten, sagte Trump im vergangenen Oktober. „Aber was sie in Deutschland macht, ist der reine Wahnsinn.“ Nicht nur wegen der Flüchtlingspolitik ist ihm Merkel unsympathisch. Die Politik der Kanzlerin steht bei Trump stellvertretend für die angebliche Tendenz reicher europäischer Länder, sich ihre Sicherheit von den USA bezahlen zu lassen. So kritisierte er im vergangenen Jahr amerikanische Finanzhilfen für die Ukraine. Während Washington das Scheckbuch öffne, „lehnt sich Deutschland zurück und verdient eine Menge Geld“.

Wenig Gefallen fand der selbstverliebte Immobilienmogul deshalb an der Entscheidung des US-Magazins „Time“, die deutsche Kanzlerin zur Person des Jahres 2015 auszurufen – statt ihn selbst. „Time“ habe sich für die Person entschieden, „die Deutschland ruiniert“. Im April sagte er, Deutschland sei wegen der Kanzlerin für immer gezeichnet. Merkel habe für „Millionen von Menschen“ die Tore geöffnet. „Jetzt ist Deutschland völlig destabilisiert.“ Trump-Anhänger auf Twitter berichten von deutschen Familien, die aus Furcht vor muslimischen Flüchtlingsmassen auswandern.

Es geht Trump bei seiner Kritik an Merkel ohnehin nicht nur um die Flüchtlingspolitik

Wie in Deutschland und anderen europäischen Staaten ist die Flüchtlingspolitik in den USA ein hoch emotionales Thema, bei dem Trump die Überfremdungsängste in der Wählerschaft aufnimmt. Mehrmals hat er die Silvesternacht-Ereignisse in Köln als Beispiel dafür herangezogen, welche Folgen eine nach seiner Ansicht unverantwortliche Nachsicht beim Flüchtlingsstrom haben kann. „Deutschland erleidet massive Angriffe von aufgenommenen Flüchtlingen auf die Bevölkerung“, schrieb er Anfang Januar auf Twitter. „DENKT NACH“, forderte er die Amerikaner in gesperrten Lettern auf.

Auch in seiner Rede in Ohio am Montag kam Köln wieder vor. Die Kriminalität in Deutschland habe wegen der Flüchtlinge nie gekannte Rekordhöhen erreicht, sagte Trump. „Wir haben schon genug Probleme in unserem Land, wir brauchen nicht noch mehr“, sagte er. Indem er Clinton mit Merkel vergleicht, warnt Trump die Amerikaner vor den angeblich chaotischen Zuständen, die unter einer Präsidentin Hillary drohen. Dass Clinton lediglich bis zu 65.000 syrische Flüchtlinge in die USA holen will, kümmert ihn nicht.

Es geht Trump bei seiner Kritik an Merkel ohnehin nicht nur um die Flüchtlingspolitik. Unterschwellig sendet der schwerreiche Unternehmer, der im Rennen gegen die frühere First Lady rund sieben Prozentpunkte zurückliegt, die Botschaft, dass Frauen in der Politik nun einmal nichts zustande bringen. In seiner Rede in Ohio zeigte sich dieses Thema auch an anderer Stelle: Hillary Clinton sei „psychisch und physisch“ den Anforderungen des Präsidentenamts nicht gewachsen.

 Trump hat Probleme mit Frauen

Auch andere Politikerinnen bekommen ihr Fett weg. Die demokratische Senatorin Elizabeth Waren, eine der schärfsten Kritikerinnen des republikanischen Kandidaten, habe „ein großes Mundwerk“ und sonst nichts, sagte Trump im Frühjahr. Als Trump vergangene Woche in einer Rede Andeutungen über Gewaltaktionen gegen Clinton machte, antwortete Warren mit einer Bemerkung, die auf das Frauenbild des Milliardärs zielte: „Er ist ein elender Feigling, der nicht damit umgehen kann, dass er gegen ein Mädchen verliert.“

Probleme mit selbstbewussten Frauen hat Trump auch außerhalb der Politik. Nachdem er bei einer Fernsehdiskussion im vergangenen Jahr von der Journalistin Megy Kelly auf seine frauenfeindlichen Aussagen – „fettes Schwein“ und andere Kommentare – angesprochen wurde, erklärte er die unbequeme Frage damit, dass Kelly wohl gerade ihre Periode gehabt habe.

Wegen dieses Frauenbildes und wegen seiner Kritik an Merkels Politik stellt sich die Frage, wie Trump im Falle eines Wahlsieges mit der Kanzlerin und der Bundesregierung umgehen würde. Schon jetzt hat er so viel Porzellan zerschlagen, dass Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier über eine Sprecherin zu Protokoll gab, ihm sei „echt bange“ beim Gedanken an einen Präsidenten Trump.

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