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Frankreichs Innenminister Darmanin verspricht der Insel Korsika eine größere Autonomie.

© Ludovic Marin/AFP

Mehr Autonomie für Korsika?: Frankreich und seine Separatisten

Mitten im Wahlkampf wird der Status der französischen Insel Korsika zum Thema. Die Regierung in Paris muss handeln. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

In Touristenführern wird Korsika als „Insel der Schönheit“ gepriesen. Aus politischer Sicht ist die Insel  aber seit Jahrzehnten für die jeweils in Paris Regierenden eher ein Schreckgespenst. Wie in anderen französischen Regionen wie der Bretagne betonen auch die Korsen ihre Eigenständigkeit –  nur in stärkerem Maße und mit größerer Gewalt.

Seit zwei Wochen schwelt in Frankreich wieder eine Auseinandersetzung um den Status der Mittelmeerinsel. Zuletzt eskalierte die Gewalt am vergangenen Wochenende, als Demonstranten in der Hafenstadt Bastia Sprengkörper zündeten. Die Demonstration wurde begleitet von der Parole „Französischer Staat –  Mörder“. Die Protestierenden warfen der Regierung in Paris vor, es zugelassen zu haben, dass ihr Idol, der verurteilte Yvan Colonna, von einem dschihadistischen Mithäftling in einem Gefängnis im südfranzösischen  Arles ins Koma gewürgt wurde. Der Separatist Colonna hatte vor über zwei Jahrzehnten den lokalen Präfekten auf Korsika ermordet.

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Auf Korsika wird der neuerliche Ausbruch der Gewalt damit begründet, dass die Insel seit Jahren der angestrebten Autonomie keinen Schritt näher gekommen ist. Dabei haben die Separatisten seit 2015 im Regionalparlament das Sagen. Allerdings sind sich die führenden Politiker  auf Korsika in ihren Zielen auch nicht einig. Ein Teil von ihnen will lediglich  eine größere Autonomie, während radikalere Vertreter  die Unabhängigkeit von Frankreich fordern.

Zentralregierung in Paris will keinen Dominoeffekt

Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin hat die Brisanz der Lage erkannt. Den Unabhängigkeits-Befürwortern kann er nicht nachgeben, weil dies anderswo in Frankreich –  siehe Bretagne –  einen Dominoeffekt auslösen würde. Statt dessen hat er den Einwohnern auf Korsika eine größere Autonomie in Aussicht gestellt. Ein Vorbild dafür gibt es bereits auf französischem Territorium. Das Überseegebiet Französisch-Polynesien hat zwar eine eigene Flagge, gehört aber dennoch zum französischen Staatsgebiet.

Käme es wirklich zu einem derartigen Statut für Korsika, dann müssten dafür langwierige Verhandlungen geführt werden. Jedenfalls dürfte es bis zu den Präsidentschaftswahlen im April, bei denen Staatschef Emmanuel Macron im Amt bestätigt werden will, bei verbalen Versprechen der Zentralregierung in Paris bleiben. Falls Macron wiedergewählt werden sollte, hätte er anschließend freie Hand für die Aushandlung eines weit gehenden Autonomiestatuts für die Korsen. In der Zwischenzeit wird der Stratege Macron wohl allerdings darauf bedacht sein, die Vorwürfe der Rechtsextremen Marine Le Pen zu entkräften. Sie wirft Macron vor, in der Korsika-Frage die „Unversehrtheit des französischen Territoriums“ aufzugeben.

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