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Journalistin und Fernsehmoderatorin Shakuntala Banerjee (l.) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprechen miteinander während der Aufzeichnung der Sendung «Berlin direkt - Sommerinterviews».

© Thomas Kierok/ZDF/dpa

„Geringverdienern das Leben erleichtern“: Steinmeier fordert Bundesregierung zu weiteren Entlastungen auf

Der Bundespräsident kritisiert die bisher beschlossenen Pakete. Kanzler Scholz verteidigt seine Idee der steuerfreien Einmalzahlung.

Angesichts der stark steigenden Energiepreise fordert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier weitere Entlastungen der Bürger. Man müsse überlegen, „wie man insbesondere den Geringverdienern das Leben erleichtert“, sagte der Bundespräsident im ZDF-Sommerinterview.

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Nicht jeder profitiere gleichermaßen von den bisher beschlossenen Entlastungspaketen. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass „diejenigen, die am unteren Ende der sozialen Skala stehen und dringend auf Hilfe angewiesen sind, nicht aus den Augen verloren werden“, mahnte Steinmeier. Sie bräuchten Hilfe, um ihre Wohnung und ihre Heizkosten bezahlen zu können.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte, durch die bereits von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungspakete würden in diesem Jahr bei den unteren und mittleren Einkommen die Preissteigerungen zu ungefähr 90 Prozent aufgefangen. „Das nächste Jahr wird die größte Herausforderung“, sagte der Kanzler im ARD-Sommerinterview.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach sich im „Handelsblatt“ für ein weiteres Entlastungspaket aus. Während in der SPD und bei den Grünen Forderungen nach zeitnahen zusätzlichen Entlastungen laut werden, hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gesagt, dass es ein weiteres Paket zur Abmilderung der gestiegenen Preise erst im kommenden Jahr geben soll. Im laufenden Etat gebe es dafür keinen Spielraum mehr.

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Vor einem Treffen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften an diesem Montag bestritt Scholz, dass die von ihm ins Gespräch gebrachte steuerfreie Einmalzahlung der Arbeitgeber dazu dienen solle, Tariferhöhungen zu vermeiden. „Niemand schlägt vor, dass deshalb die eigentlichen Lohnerhöhungen ausbleiben sollten“, sagte er in dem ARD-Interview. Es gehe darum, gemeinsam Lösungen zu finden, um die Preissteigerungen verkraftbar zu machen.

An diesem Montag kommen in Berlin in einer „konzertierten Aktion“ Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaftern sowie Wissenschaftler mit der Bundesregierung zusammen, um über die Folgen der Inflation zu beraten. Scholz hatte zu diesem Dialog eingeladen. „Wir müssen uns unterhaken und zusammenhalten“, sagte er.

Studie: Belastungen für Haushalte nehmen zu

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) rechnet damit, gegebenenfalls bei den Leistungen für Familien noch nachsteuern zu müssen. Im Tagesspiegel-Interview verwies sie auf den Kindersofortzuschlag sowie auf die in den Entlastungspaketen enthaltenen Einmalzahlungen für betroffene Familien. „Aber natürlich kann es sein, dass wir im Herbst feststellen, dass das nicht reicht.“ Angesichts der hohen Inflation werde sicher eine Anpassung des Kindergelds notwendig sein.

Nach einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln geben Haushalte einen immer größer werdenden Teil ihres Einkommens für Energie aus. Demnach lagen im Mai knapp 25 Prozent aller Haushalte in Deutschland bei mehr als zehn Prozent ihres Nettoeinkommens. 2021 seien es nur 14,5 Prozent der Haushalte gewesen. Mittlerweile belasteten die hohen Preise nicht mehr nur Haushalte mit niedrigerem Einkommen, sondern auch die untere Mittelschicht.

Das arbeitgebernahe Institut empfiehlt vor allem zielgerichtete Hilfen für Haushalte, die knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze lägen. Darüber hinaus sollten Haushalte, die Wohngeld und demnächst den einmaligen Heizkostenzuschuss erhielten, mehr Unterstützung bekommen – etwa nach dem Vorbild der Heizkostenpauschale, wie sie nach 2009 gezahlt worden war. So könnten einkommensschwache Haushalte „gezielt und dauerhaft“ unterstützt werden, sagte der IW-Ökonom Ralph Henger.

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