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Sahra Wagenknecht im Griechenland-Dilemma.

© dpa

Griechenland und die Linken: Das Dilemma der Kontra-Partei

Der Wahlsieg von Syriza in Griechenland wird zum Problem der Linken. Denn jetzt können sie ihren Kontra-Kurs nicht mehr verfolgen und gegen Griechenland-Hilfen im Bundestag stimmen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Blöde Situation. Saublöde genau genommen. Macht es die Linke wie immer und stimmt an diesem Freitag gegen die mit klaren Auflagen verbundenen Griechenland-Hilfen, brüskiert sie ihren neuen Lieblingspartner in Europa – die linke griechische Regierungspartei Syriza. Sahra Wagenknecht, die Fraktionsvize, könnte sich dann gleich das fette Nein aus der „Bild“-Zeitung ausdrucken, ein Selfie schießen und an Alexis Tsipras schicken.

Das aber wollen die Linken vermeiden – im Einklang mit dem Boulevard gegen die griechischen Freunde. Also bleibt wohl nur das kleinere Übel: Wolfgang Schäuble unterstützen. Noch ist nicht ganz klar, ob die Linken-Fraktion bei der Abstimmung über die Griechenland-Hilfen wirklich zustimmt oder ob es doch mehr Gegenstimmen oder noch mehr Enthaltungen geben wird, aber die Richtung ist klar, und sie lautet: Zustimmung. Oder besser: keine Ablehnung. Das aber bedeutet nicht nur Solidarität mit den linken Freunden in Griechenland, sondern es bedeutet auch Unterstützung für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dessen rigiden Kurs gegenüber Griechenland. Bei allem Entgegenkommen bleiben die Auflagen für die Griechen ja vorhanden, was nach und nach auch den Griechen klar wird.

Sahra Wagenknecht verkörpert das Dilemma der Linken

Die Linken stecken also in einem Dilemma. Sahra Wagenknecht, die zu den schärfsten Kritikern des harten Kurses gegenüber Griechenland zählte, verkörpert dieses Dilemma. Sie rechne bei der Verabschiedung des Antrages am Freitag mit Enthaltungen und Ja-Stimmen aus ihrer Fraktion, sagte sie. Es sei zwar nach wie vor problematisch, in welcher Weise der griechischen Regierung durch das Hilfsprogramm „Handlungsspielräume abgeschnürt“ würden, aber die Linke wolle der Syriza-Regierung in Athen die Chance geben, ihre Vorhaben umzusetzen. „Wir wollen ihr nicht den Boden abgraben.“ Das ist von allem ein bisschen. Am Freitagmorgen, kurz vor Start der Diskussion im Bundestag, kündigte Wagenknecht dann in einem Interview mit "Radioeins" erstmals offen ihre Enthaltung an.

Der gefeierte Wahlsieg von Syriza ist nun zum Problem der Linken geworden. Aus dem klaren Kontra-Kurs wird ein Sowohl-als- auch-Kurs, der in der Politik selten belohnt wird und zu Streitigkeiten zwischen den Lagern führt. Wagenknecht hat, anders als beispielsweise Parteichefin Katja Kipping oder der Reformerflügel der Linken, die sich deutlich für eine Zustimmung ausgesprochen haben, versäumt, eine klare Haltung zu formulieren – das ist ungewöhnlich für sie. Sie verharrt in der Grauzone, dem politischen Niemandsland.

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