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Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier (SPD, l) und der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif begrüßen sich in München (Bayern) bei der 51. Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof bei ihrem bilateralen Treffen. Zur Sicherheitskonferenz kommen mehrere Dutzend Staats- und Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsminister zusammen.

© Tobias Hase/dpa

Iran, Afghanistan, Israel/Palästina: Krisen und Kriege jenseits der Ukraine

Auch wenn die sicherheitspolitische Welt der Transatlantiker derzeit vor allem auf die Konfrontation mit Moskau schaut, wurde bei der Sicherheitskonferenz in München deutlich, wie viele andere explosive Konflikte parallel schwelen - internationale Aufmerksamkeit ist auch dort dringend nötig.

Immerhin gab es bei der Münchener Sicherheitskonferenz ein bisschen Hoffnung auf eine Lösung im Atomstreit mit dem Iran. Auch der Ton war bei diesem Thema etwas konzilianter als in manch anderem Jahr. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sieht die Möglichkeit einer Lösung, dass Iran sein Atomprogramm friedlich nutzen und der Welt eine Rückversicherung anbieten könne. Jovial und auf Englisch gab sich Irans Außenminister Javad Sarif vorsichtig optimistisch, dass es bis Ende März für ein Grundsatzpapier reichen und bis Sommer eine Einigung möglich sei.

Er habe sich in aller Frühe schon zum zweiten Mal mit US-Außenminister Kerry getroffen und auch andere Mitglieder der Verhandlungsgruppe getroffen. Trotz Kritik aus dem eigenen Land habe er erst „vor wenigen Minuten“ von Religionsführer Ajatollah Chamenei Rückendeckung für etwaige Verhandlungsergebnisse erhalten, verkündete er. Allerdings blieb Sarif auch dabei: „Sie müssen die Sanktionen beenden, nur dann gibt es ein Abkommen.“ Er fügte hinzu: Die Sanktionen träfen nicht nur die Iraner, sondern auch Europas und Amerikas Wirtschaften: „Wir werden entweder zusammen verlieren oder zusammen gewinnen.“ Obgleich Sarif versuchte, Kerry aus der Reserve zu locken, ging der auf Angriffe Sarifs zu „Feindseligkeit in den USA“ gar nicht ein.

Er wollte offensichtlich kein Öl ins Feuer gießen. Anders als John McCain, der dem Iran später abermals heftige Vorwürfe machte. Auch Israels Geheimdienstminister Yuval Steinitz machte klar, dass er den Versprechungen aus Teheran weiterhin nicht traut. Er mahnte, die Welt müsse verhindern, dass Teheran die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen erlange.

Die Konflikt im Nahen Osten

Ganz und gar undiplomatisch wie lautstark stritt sich Steinitz auf einem Panel über die Zukunft des Nahen Ostens mit dem palästinensischen Außenminister Riyad Al Maliki und dessen katarischem Amtskollegen Khalid Al Attiyah darüber, wieso es noch immer keinen Frieden und eine Lösung in der Frage eines Palästinenserstaates gibt.

Jeder konnte nach dieser Vorstellung erahnen, dass in diesem Konflikt nicht nur rein inhaltliche Fragen problematisch sind. Steinitz nannte immer wieder genüsslich Hamas und Hisbollah in einem Atemzug mit IS, Boko Haram und Al Schabaab, die alle nur das eine Ziel hätten, einen weltweiten islamischen Staat zu gründen. „Es gibt nichts Wichtigeres als Frieden zu schaffen, aber es wird schwieriger werden, Israelis zu überzeugen, dass sie nicht nur ein Blatt Papier bekommen“, wenn er auf die arabischen Länder untereinander und die Erfahrungen mit Gaza blicke.

Steinitz nannte die Palästinensische Autonomiebehörde „das Haupthindernis“. Katars Minister Al Attiyah warf Israel vor, drei große Kriege gegen Gaza geführt und nur Schaden angerichtet zu haben, auch in der Moral der Kinder. Al Maliki wies weit von sich, dass die Palästinenser IS unterstützten, auch wenn irgendwo in Gaza deren schwarze Flagge gehisst worden sei. Das passiere auch in Europa. Er hielt Steinitz erregt vor, die Hinweise auf das iranische Atomprogramm und den IS als Ausrede zu benutzen.

„Das gab es vor 23 Jahren noch nicht“, aber es gebe immer noch keinen Frieden. Moderatorin Lyse Doucet von der BBC schaltete sich mehrfach energisch ein und sah schließlich die einzige Chance, die Streithähne zur Rückkehr in eine geordnete Diskussion zu ermahnen, in einer für die Konferenz ungewöhnlichen Aktion. Sie stand auf und schrie schier: „Bitte zwingen Sie eine demokratische Moderatorin nicht dazu, zur Diktatorin zu werden.“

Die Krise in Afghanistan

Mit Afghanistans Präsident Ashraf Ghani hatte Konferenzchef Wolfgang Ischinger nicht mehr gerechnet, aber ihn dann noch als letzten Redner eingebaut. Nach Ansicht Ischingers ist das Land aus sicherheitspolitischer Sicht ein Thema der vergangenen Dekade. Ghani, das erste Mal in München, hielt eine hölzerne Rede, warb aber um eine neue Partnerschaft. Mit den alten Institutionen werde die Welt 2015 nicht nur zwei, sondern eher zehn Schritte zurückgehen.

Der Terror dürfe nicht in einem Land nach dem anderen, sondern müsse systematisch und in all seinen Formen global gemeinsam bekämpft werden, Afghanistan sei weiter Treffpunkt von Terroristen. „Die Welt schuldet uns nichts, wir müssen uns zuerst selbst ändern“, sagte Ghani. Das mache seine Regierung. Die Weltgemeinschaft solle mit Afghanistan „nicht nur ein neues Kapitel, sondern ein neues Buch der Zusammenarbeit“ aufschlagen. Auch die Kanzlerin hatte davor gewarnt, sich schon wieder von Afghanistan abzuwenden.

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