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Carles Puigdemont vor dem Gerichtsgebäude in Sassari, Italien, am Montag.

© REUTERS/Guglielmo Mangiapane

Katalanischer Ex-Präsident nach Anhörung frei: Puigdemont wird nicht nach Spanien ausgeliefert – vorerst

Ein Gericht auf Sardinien hat beschlossen, Puigdemont nicht nach Spanien ausliefern zu lassen. Europas Gerichtshof soll über dessen Immunität entscheiden.

Italien wird Carles Puigdemont vorerst nicht an Spanien ausliefern. Das entschied ein Gericht auf Sardinien am Montag. Der katalanische Exilpolitiker verließ den Saal im sardinischen Sassari als freier Mann. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidiger Puigdemonts hatten einen Abbruch des Auslieferungsprozederes gefordert.

Italiens Justiz setzt die Prüfung des europäischen Haftbefehls gegen Kataloniens Ex-Präsidenten nach Angaben des Anwalts aus: Das Gericht auf Sardinien wolle eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abwarten, sagte Puigdemonts italienischer Verteidiger Agostinangelo Marras, in der es um die mögliche Wiederherstellung der Immunität Puigdemonts als Abgeordneter geht.

Puigdemont ist seit 2019 EU-Abgeordneter für die sozialliberale "Junts per Catalunya" (deutsch: Zusammen für Katalonien). Seine Immunität war auf Antrag der spanischen Justiz vom EU-Parlament im März aufgehoben worden. Puigdemont hat am Freitag einen Eilantrag beim EuGH gestellt, ihm die parlamentarische Immunität zurückzugeben.

Spaniens Justiz sucht Kataloniens früheren Regionalpräsidenten seit der weltweit beachteten Krise 2017 mit Haftbefehl. Es geht um die Vorwürfe der Steuergeld-"Veruntreuung", denn Puigdemont soll öffentliche Mittel für Sezessionsbestrebungen eingesetzt haben, sowie um "Rebellion" gegen den Zentralstaat.

Puigdemont war am Sonntag von Brüssel nach Sardinien gereist. Schon im September hatte der 58-Jährige auf der italienischen Insel ein katalanisches Kulturfestival besucht und war für einen Tag festgenommen worden. Ein Gericht in Sassari hatte damals entschieden, Puigdemont unter Auflagen freizulassen. Der Exil-Politiker reiste wieder nach Belgien, wo er seit seiner Flucht aus Spanien 2017 lebt.

Lesen Sie auf Tagesspiegel Plus: Exil oder Haft – wie der Katalane Carles Puigdemont die spanische Politik beeinflusst. Noch.

Puigdemont stand 2018 auch schon vor den deutschen Richtern, nachdem er auf Durchreise von Dänemark nach Belgien festgenommen war. Das Oberlandesgericht Schleswig hatte insbesondere den zweiten Vorwurf aus Spanien als unbegründet verworfen: Wenn man "Rebellion" ins deutsche Recht übersetze, also den Paragrafen zum "Hochverrat gegen den Bund" heranziehe, so greife der nur dann, wenn die etwaigen Separatisten zu Gewalt aufriefen. Das habe Puigdemont nicht getan, er wurde freigelassen.

Regelmäßig demonstrieren Unterstützer in Barcelona, Brüssel, zuweilen auch Berlin für Puigdemont. Auch dem Gericht in Sassari sammelten sich am Montag sardische und katalanische Unabhängigkeitsbefürwortern.

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Als Präsident in Barcelona, der katalanischen Regionalhauptstadt, saß Puigdemont einst einer Koalition aus bürgerlichen, sozialdemokratischen und linksradikalen Separatisten vor. Seine Regierung organisierte das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum Kataloniens im Herbst 2017. Nach seiner Absetzung durch die Zentralregierung in Madrid und der Zwangsverwaltung Kataloniens ging Puigdemont ins Exil. Führende katalanische Politiker waren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Spaniens konservative Regierung wurde inzwischen vom Sozialdemokraten Pedro Sánchez abgelöst. Als Premier verfolgt Sánchez einen moderateren Kurs, er begnadigte die verurteilten Politiker und traf sich kürzlich mit Kataloniens neuem Präsidenten. In Barcelona regiert heute Pere Aragonès von der linksnationalistischen ERC, die bürgerliche "Junts" Puigdemonts ist derzeit Juniorpartner.

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