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Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion: Sven-Christian Kindler.

© dpa/Michael Kappeler

„Keine gleichberechtigte Elternschaft“: Grünen-Politiker Kindler kandidiert nicht mehr für Bundestag

Nach 16 Jahren im Parlament soll zum Ende der Legislatur Schluss sein, denn: Den Großteil der Care-Arbeit trage seine Frau, so der 39-Jährige. „Das ist nicht gerecht“, sagt Kindler.  

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion zählt zu den einflussreichsten Abgeordneten seiner Partei. Bei der nächsten Bundestagswahl, die planmäßig im nächsten Herbst stattfinden wird, will Sven-Christian Kindler nicht mehr antreten – Beruf und Familie seien nicht zu vereinbaren, sagte der 39-Jährige dem „Spiegel“.

„Ich werde dann 16 Jahre im Bundestag gewesen sein. Es war eine spannende Zeit, eine große Ehre, aber irgendwann ist auch mal gut“, sagte Kindler. Sein Ausstieg aus der Bundespolitik habe vor allem damit zu tun, dass das Spitzenpolitiker-Dasein kaum mit seinen Vorstellungen von Familie vereinbar sei.

Selbst wenn ich zu Hause bin, bin ich in Gedanken zu häufig bei der Arbeit.

Sven-Christian Kindler, Bundestagsabgeordneter der Grünen

„Das viele Hin und Her zwischen Berlin und meinem Wahlkreis in Hannover schmerzt mich. Selbst wenn ich zu Hause bin, bin ich in Gedanken zu häufig bei der Arbeit. Der Arbeitsumfang ist groß, man muss mitunter rund um die Uhr erreichbar sein“, sagte Kindler. Er meditiere täglich, um mit mehr Achtsamkeit aus diesem Hamsterrad herauszukommen. Dies helfe.

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Zwar habe sich einiges getan, sagte Kindler weiter. Wenn er Termine wegen eines kranken Kindes absage, stoße er auf Verständnis. Insgesamt aber setze der Politikbetrieb Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit voraus. „Berufliche Messenger-Nachrichtenflut jederzeit, Telefonate spät in der Nacht, Presseanfragen im Urlaub. Man ist innerlich zerrissen, will den Kindern gerecht werden und der Arbeit“, so Kindler.

Der Abgeordnete weiter: „Wichtig wären politikfreie Zeiten, an die sich alle halten. Grundsätzlich keine Verhandlungen nachts und am Wochenende zum Beispiel und Elternzeit für Abgeordnete wären ein Anfang. Als Arbeiterkind weiß ich aber auch: Ich bin in einer privilegierten Lage. Viele Familien haben es sehr viel schwerer, alles unter einen Hut zu bekommen.“

Er versuche, sich für seine beiden kleinen Kinder ausreichend Zeit zu nehmen, „aber den Großteil der Care-Arbeit trägt meine Frau. Das ist nicht gerecht“, sagte Kindler. Er findet: „Eine gleichberechtigte Elternschaft und Spitzenpolitik sind nicht vereinbar. Und das entspricht nicht meinen eigenen Ansprüchen. Ich will das in Zukunft besser machen.“

In einem Brief an die Mitglieder des Grünen-Regionalverbands Hannover schrieb er der Nachrichtenagentur dpa zufolge, schon 2009 bei seiner Wahl in den Bundestag habe er in den Haushaltsausschuss gewollt.

„Denn ich wusste aus meinem BWL-Studium und der Arbeit im Unternehmenscontrolling: Wo das Geld ist, ist die Macht. Und ich wollte Macht. Nicht aus Selbstzweck heraus oder für mein Ego, sondern um konkret einen Unterschied, und diese Welt ökologischer, gerechter und friedlicher zu machen.“

Er plädierte auch für eine Reform der Schuldenbremse: „Die aktuellen Schuldenregeln müssen sich ändern, damit diese Gesellschaft eine gute Zukunft hat.“

Wie geht es weiter? Kindler wird noch bis zum Ende der Legislaturperiode sein Bundestagsmandat ausüben. Über seine Pläne für die Zeit danach sagte er: „Ich kenne mich mit Zahlen, mit Menschen, mit Macht aus. Ich möchte meine Erfahrung weiterhin für soziale und ökologische Ziele einbringen. Wo und wie? Mal sehen.“ (lem)

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