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Kinderpornografie: Südwest-SPD plant ohne Tauss

Ute Vogt, baden-württembergische Landeschefin der SPD, will einen neuen Generalsekretär vorschlagen. Unterdessen wehrt sich die Staatsanwaltschaft gegen die Vorwürfe, Tauss vorzuverurteilen.

Am Freitag hat Jörg Tauss (55) über Twitter noch eine Textnachricht im Jargon der Handy- und Internet-Generation abgesetzt. Darin bittet der SPD-Bundestagsabgeordnete und Medienexperte seine Bekannten um Verständnis für den abrupt gestoppten Nachrichtenfluss: „alle Handys und PC und Schlepptops bei der Polizei...:-( Bis bald!“

An Nachrichten über Tauss und die gegen ihn erhobenen Kinderporno-Vorwürfe hat es in den vergangenen Tagen indes nicht gemangelt. Dass die Staatsanwaltschaft, wie sie mitteilte, in der Berliner Wohnung des Karlsruher Bundestagsabgeordneten „einschlägiges Material“ sichergestellt hat, hat die Genossen in seinem Heimatland erschüttert. Schließlich war Tauss bis Freitag, als ihn SPD-Landeschefin Ute Vogt noch auf der Rückreise von ihrem Skiurlaub in einem Telefongespräch zur Aufgabe gedrängt hat, Generalsekretär der SPD im Ländle. Der Generalsekretär ist Manager der Wahlkämpfe der Partei – und im konservativ geprägten Baden-Württemberg hat die SPD in diesem Jahr drei davon zu überstehen: die Europawahl und, für die Genossen vor Ort weit wichtiger, die Kommunalwahlen am 7. Juni, schließlich die Bundestagswahl Ende September.

Am kommenden Freitag will Vogt deshalb einen neuen Generalsekretär vorschlagen, der das Amt bis zum nächsten Landesparteitag im November kommissarisch ausfüllen soll. „Es gibt mehrere, die dafür infrage kommen“, sagte Vogt am Sonntag nach einer Sondersitzung des Präsidiums der Landes-SPD. Namen nennt sie nicht.

Bei der zweistündigen Krisensitzung ist Tauss entgegen ersten Plänen nicht anwesend. Solange er die konkreten Vorwürfe nicht kenne, mache es keinen Sinn, sich zu äußern, begründete Vogt sein Fehlen. In der Sitzung in der Landesgeschäftsstelle, die nach Informationen dieser Zeitung nach ersten, dann verworfenen Plänen der Staatsanwaltschaft auch Teil der Razzia hätte sein sollen, referiert sie ihre Kenntnisse über den Sachstand des Ermittlungsverfahrens.

Neues kann auch Vogt nicht beitragen – außer der Klage, dass die Staatsanwaltschaft sie bis heute nicht kontaktiert habe, obwohl sie von der Razzia indirekt betroffen war: Sie teilt das Wahlkreisbüro in Bretten mit Tauss, dessen zwei dort beschlagnahmte Rechner im selben Raum wie ihr Computer standen. Lieber würde die baden-württembergische SPD ihr Augenmerk auf die Wahlen richten – zumal die Jusos im Land noch eine unliebsame Debatte über die Spitzenkandidatur für die erst 2011 anstehende Landtagswahl ausgelöst haben: Sie haben überraschend Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück ins Spiel gebracht, der noch überraschender sein Interesse signalisiert hat.

Die Karlsruher Staatsanwaltschaft wies unterdessen Vorwürfe zurück, Tauss im Zuge ihrer Ermittlungen vorverurteilt zu haben. Ihr Sprecher, der Oberstaatsanwalt Rüdiger Rehring, sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Eine Vorverurteilung war und ist ganz und gar nicht unsere Absicht. Wir sind vielmehr so zurückhaltend wie möglich vorgegangen.“ Rehring reagierte damit auf scharfe Kritik von Tauss’ Rechtsbeistand Jan Mönikes. Der Verteidiger des SPD-Politikers hatte am Wochenende erklärt, das Verhalten der Karlsruher Ermittler komme „einer sozialen Exekution“ seines Mandanten nahe.

Dagegen sagte Rehring, Art und Details der Vorwürfe gegen Tauss seien nicht von der Staatsanwaltschaft veröffentlicht, sondern von den Medien in die Welt gesetzt worden. Er habe sich als Sprecher der Ermittlungsbehörde erst geäußert, nachdem die Vorwürfe bereits bekannt gewesen seien. „Ich habe lediglich erklärt, dass wir bei der Durchsuchung von Räumen von Herrn Tauss am vergangenen Donnerstag in Berlin fündig geworden sind und einschlägiges Material sichergestellt haben, und dass es keine Anhaltspunkte gibt, dass Herr Tauss dieses Material für seine Tätigkeit als Abgeordneter benötigt hat. Dabei habe ich ständig darauf hingewiesen, dass er damit keineswegs überführt ist und unsere Ermittlungen auch zu seiner Entlastung führen können.“

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