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Im Wahlkampf setzte sich Enda Kenny dafür ein, dass Irland bessere Bedingungen für die Milliardenhilfen der EU erhält. Jetzt ist er designierter Regierungschef.

© Peter Muhly/AFP

EU: Konservatives Familientreffen mit Hindernissen

Irlands neuer Premier Enda Kenny will niedrigere Zinsen für die Milliardenhilfen der EU – aber Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt skeptisch.

Berlin - Wenn die konservativen Staats- und Regierungschefs in der EU zu ihren politischen Familientreffen zusammenkommen, dann drängen sich in der Regel gerne Selbstdarsteller wie Italiens Premierminister Silvio Berlusconi in den Vordergrund. An diesem Freitagabend in Helsinki wird das aber anders sein. Die Aufmerksamkeit dürfte sich vor allem auf den designierten irischen Regierungschef Enda Kenny richten, der vor einer Woche ins Amt gewählt wurde. Mit der Ausstrahlung des eher blass wirkenden irischen „Taoiseach“ hat das nichts zu tun – sondern mit seiner Forderung, bei der sich vor allem Kanzlerin Angela Merkel die Haare sträuben: Kenny will die Bedingungen der 85-Milliarden-Euro-Hilfe, mit der die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) Dublin im November vor der Bankenpleite retteten, neu verhandeln. Der neue irische Premier will seine Forderung aus dem Wahlkampf auch heute in Helsinki vorbringen.

Kenny verlangt unter anderem, die Kreditzinsen für die Hilfe der EU und des IWF zu verringern; die Höhe der Zinsen liegt bei knapp sechs Prozent. Diesem Wunsch schob Merkel, die bei dem Treffen in der finnischen Hauptstadt ebenfalls dabei sein wird, aber gleich einen Riegel vor. Zwar könne man mit der neuen irischen Regierung über die Höhe der Zinsen reden, sagte Merkel am Mittwochabend in Berlin, fügte aber hinzu: „Das irische Paket ist ja noch nicht sehr alt.“ Es wird darüber spekuliert, dass Dublin im Fall eines Entgegenkommens der EU bei der Zinslast wohl auch einen Preis zahlen muss. Der könnte in der Erhöhung des irischen Körperschaftsteuersatzes bestehen – gegenwärtig beträgt die irische Körperschaftsteuer 12,5 Prozent.

Auch wenn Merkel eine Neuverhandlung des Rettungspaketes für Dublin skeptisch sieht, so schließen Experten es doch nicht aus, dass Irland am Ende günstigere Konditionen für den Milliardenkredit erhält. So hält es der Ökonom Iain Begg vom European Institute der London School of Economics für möglich, dass Kenny einen niedrigeren Zinssatz bei seinen EU-Partnern heraushandeln kann. Wie Begg bei der Vorstellung eines Berichts der Bertelsmann-Stiftung mit den Ergebnissen einer Expertengruppe zur verstärkten wirtschaftspolitischen Koordinierung unter den EU-Staaten am Donnerstag in Berlin sagte, kann auch eine Restrukturierung der Staatsschulden von Pleitestaaten wie Irland sinnvoll sein. Man müsse sich ernsthaft die Frage stellen, ob es nicht besser sei, Staatsschulden zu restrukturieren, als die gesamte Schuldenlast den Steuerzahlern aufzubürden, sagte Begg.

Die Diskussion zwischen der deutschen Kanzlerin und dem irischen Premier über ein mögliches Aufschnüren des Dubliner Rettungspakets liefert indes nur einen Vorgeschmack auf die in den nächsten Wochen bevorstehende Debatte über den künftigen wirtschaftspolitischen Kurs unter den 27 europäischen Staats- und Regierungschefs. Bei dem Treffen in Helsinki wollen die konservativen Staatenlenker zunächst einmal untereinander ihre Position bestimmen. Dann soll bei einem Sondergipfel der Euro-Länder am kommenden Freitag beraten werden, wie sich die Gemeinschaftswährung langfristig vor Krisen à la Irland bewahren lässt. Entscheidungen sollen schließlich beim EU-Gipfel Ende des Monats fallen.

Im Grundsatz soll die Lösung des Euro-Problems darin liegen, dass sich Merkel zur Einrichtung eines dauerhaften Krisenmechanismus (ESM) für angeschlagene Länder ab dem Jahr 2013 bereit erklärt, der mit 500 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Im Gegenzug verlangt die Bundesregierung einen „Wettbewerbspakt“, mit dessen Hilfe kriselnde Euro-Länder ihre Staatshaushalte wieder in Ordnung bringen könnten.

Allerdings hat sich Merkel einige der Ideen, die nach der Vorstellung des „Wettbewerbspaktes“ in der Öffentlichkeit diskutiert worden waren, wieder abschminken müssen. So war der Vorstoß der deutschen Kanzlerin und des französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy von Anfang Februar für einen „Wettbewerbspakt“ unter anderem so gedeutet worden, als sollten nun sämtliche Staaten der Eurozone nach deutschem Vorbild die Rente mit 67 einführen. Am Dienstag legte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nun ein Arbeitspapier vor, das einige der ursprünglichen deutsch-französischen Forderungen abschwächte. So können sich EU-Staaten etwa Ausgabenbegrenzungen nach Art der deutschen Schuldenbremse verordnen. Aber wie sie zu einer Begrenzung der Etats kommen, bleibt auch künftig ihre Sache. Dasselbe gilt auch für eine mögliche Anhebung des Rentenalters. Van Rompuy spricht sich zwar dafür aus, dass das Rentenalter in den Euro-Staaten künftig an die Lebenserwartung angepasst wird. Ob sie auch wirklich eine längere Lebensarbeitszeit beschließen, soll dennoch weiter den Nationalstaaten überlassen bleiben.

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