zum Hauptinhalt
Ein russischer Reservist steht vor einem Tor in einem Dorf 84 Kilometer entfernt von Luhansk.

© IMAGO/Alexander Reka/ITAR-TASS

Tag 133 im Ukraine-Krieg: Kreml unterwandert stetig Verwaltungen im Donbass

Partisanenkämpfe im Süden, Moskauer Kommunalpolitiker zu sieben Jahren Haft verurteilt, Rumänischer Hafen für ukrainisches Getreide. Der Überblick am Abend.

Moskau geht die nächsten Schritte, um die besetzten Gebiete in der Ukraine auf eine Eingliederung vorzubereiten. Wie die "Moscow Times" berichtet (hier auf englisch), hat der Kreml zahlreiche neue Verwalter für die Regionen Kherson und Saporischschja ernannt. 

Einer von ihnen ist Parlamentsabgeordneter, er soll die "wirtschaftliche Integration" mit Russland vorantreiben. Ein anderer, der nun Kherson regiert, ist ein ehemaliger Geheimdienstoffizier. Einige der Beamten, die jetzt in die Ukraine versetzt wurden, arbeiteten zuvor an der Annexion der Krim.

[Diesen Überblick können Sie werktäglich jeden Abend als Newsletter direkt in ihr Postfach bekommen - unter diesem Link können sie sich kostenlos anmelden.]

In der Südukraine gibt Moskau schon russische Pässe an die Bürger aus, hat die Telefonvorwahlen und Anbieter ausgetauscht und russische Banken eingesetzt. Bald sollen Abstimmungen folgen, ob die Gebiete sich an Russland anschließen.  

Allerdings kämpft Russland mit seinen Plänen gegen die Zeit. Denn anders als im Donbass verzeichnen die Ukrainer hier mit Gegenoffensiven seit Wochen stetige Geländegewinne. Hinter der Front setzen Partisanen mit Anschlägen den Besatzern zu. Die russische Militärführung muss immer wieder Verstärkung schicken. Westliche Experten gehen davon aus, dass die Ukraine höhere Chancen hat, den Süden des Landes zurückzuerobern als den Osten. Wirtschaftlich und militär-strategisch ist der Süden ohnehin bedeutsamer als der Osten.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick

  • Die Behörden der nahe beieinander liegenden Städte Kramatorsk und Slowjansk im Osten der Ukraine melden russische Angriffe. In Kramatorsk seien mindestens ein Mensch getötet und mehrere weitere Menschen verletzt worden, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Eine Explosion riss einen großen Krater zwischen ein Hotel und Wohngebäude. Die Journalisten sahen einen Toten, mehrere Verletzte sowie zwei brennende Autos. Mehr im Newsblog. 
  • Wegen der Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russische Armee in der Ukraine soll ein Moskauer Kommunalpolitiker nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für sieben Jahre ins Gefängnis. Der Staatsanwalt forderte am Donnerstag eine siebenjährige Haftstrafe für den 60-jährigen Stadtrat Alexej Gorinow, der öffentlich die russische Offensive in der Ukraine kritisiert hatte.
  • Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar hat Russland rund 22 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen der Ukraine besetzt. "Der Brotkorb der Welt befindet sich im Krieg", sagte Inbal Becker-Reshef von der US-Raumfahrtbehörde Nasa am Donnerstag. Sie leitet die Abteilung zur Beobachtung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion per Satellit.
  • Der Bundestag entscheidet an diesem Freitag über die deutsche Zustimmung zum Nato-Betritt Schwedens und Finnlands. Die Abgeordneten befassen sich mit einem Gesetzentwurf, den die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP gemeinsam mit der oppositionellen Union vorgelegt hat. Eine Ratifizierung durch das deutsche Parlament vor der Sommerpause gilt als sicher. Kanada und Estland haben dies bereits vollzogen.
  • Bundesaußenministerin Annalena Bearbock richtet am Rande des Treffens der G20-Ressortchefs in Bali scharfe Worte an die Adresse Russlands: "Wir überlassen Russland nicht die internationale Bühne", sagt die Ministerin. "Und vor allen Dingen lassen wir nicht zu, dass der russische Präsident mit seinem Angriffskrieg die Welt in ein Chaos stürzt." Vor allem müsse es jetzt darum gehen, ärmere Länder vor den Folgen des Krieges zu schützen, sagt Baerbock.
  • Russland bereitet sich wegen der EU-Sanktionen nach Kremlangaben in seiner Ostseeregion Kaliningrad (früher Königsberg) auf das „Schlimmste“ vor. Es würden über verschiedene Kanäle Gespräche geführt, um das Problem des Warentransits durch das baltische EU-Land Litauen in das russische Gebiet zu lösen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. „Natürlich hoffen wir auf das Beste, aber bereiten uns auf das Schlimmste vor“, sagte er der Agentur Interfax zufolge.
  • Der rumänische Donauhafen Galati kann nach der Reparatur von Breitspur-Bahngleisen stärker für den Import von Gütern aus der Ukraine verwendet werden. Das teilte Rumäniens Transportminister Sorin Grindeanu am Donnerstag mit. Galati liegt unmittelbar an der ukrainischen Grenze. Aus dem ukrainischen Donau-Hafen Reni führen die im ex-sowjetischen Raum üblichen Breitspurgleise nach Galati.
  • Ukrainer machen Strandurlaub in Kiew: Zu dieser Jahreszeit sind die Strände des Flusses Dnepr in Kiew normalerweise überfüllt. Im Kriegssommer 2022 gibt es aber viel Platz – und manche nutzen ihn. Mehr hier. 

Hintergründe und Analysen

1. Wiederaufbau-Gipfel in Lugano: Putin ist bereits der Gewinner – denn der Westen wird zahlen

Um die Ukraine wiederaufzubauen, muss der Westen gewaltige Summen aufbringen. Russland dagegen geht das Geld für Rüstung so schnell nicht aus. Ein Kommentar.

2. Was man aus Elmau lernen kann: Beim G7-Gipfel zeigte sich die Arroganz des Westens

Die Russland-Sanktionen schaden vor allem dem globalen Süden. Deshalb scheiterten die G7 in Elmau darin, eine wirkungsvolle Allianz zu schmieden. Ein Essay.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false