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Sahra Wagenknecht im Bundestag

© Imago/Political-Moments

Krisengipfel zum Wagenknecht-Streit: Die Linken-Führung ist bereit, „um unsere Partei zu kämpfen“

Die Linkspartei will eine drohende Spaltung abwenden. Ihr Führungspersonal beschwört bei einem Krisentreffen in Leipzig die Geschlossenheit der Partei.

Der Streit um Sahra Wagenknecht hat die Linkspartei erschüttert. Seit Wochen denkt die Abgeordnete in aller Öffentlichkeit über die Gründung einer neuen Partei nach.

In Leipzig versammelte sich die Linken-Führung aus Bund und Ländern am Wochenende zum Krisengipfel: die Vorstände von Bundespartei und Bundestagsfraktion, die Landes- und Fraktionsvorsitzenden und diejenigen, die in einer Landesregierung unter linker Beteiligung ein Ministeramt haben. „Die Nerven liegen blank“, sagte eine Teilnehmerin vor dem Treffen.

Das Führungspersonal bekannte sich in einer am Samstagabend ohne Gegenstimme beschlossenen Erklärung demonstrativ zur Linkspartei. In der Öffentlichkeit werde über „die Bildung eines alternativen Parteiprojekts“ spekuliert, heißt es in der Erklärung.

„Wir sind dagegen bereit für unsere gemeinsame Partei zu kämpfen, das historische Projekt einer geeinten, pluralen sozialistischen Partei zu verteidigen und weiterzuentwickeln.“ Mit der Leipziger Erklärung will die Linken-Führung ein doppeltes Signal setzen – nach außen, aber vor allem in die Partei hinein.

Kaum Hoffnung auf Einlenken Wagenknechts

In der Parteiführung gibt es kaum noch Hoffnung darauf, Wagenknecht durch Gespräche zum Einlenken zu bewegen. Um Vermittlung hatte sich vor allem Gregor Gysi bemüht, damit eine Spaltung der Linken abgewendet werden kann.

Auch an der Erarbeitung der Erklärung war Gysi beteiligt. Doch alle Versuche führten nicht dazu, dass Wagenknecht die öffentliche Kritik an der eigenen Partei einstellt, die zur Demontage zu werden droht.  

In Leipzig haben wir geschlossen gezeigt, dass wir bereit sind, um unsere Partei zu kämpfen.

Janine Wissler, Linken-Vorsitzende

Bei denjenigen, die überhaupt noch mit ihr reden, heißt es, sie habe sich noch nicht entschieden, ob sie tatsächlich eine Neugründung wagen soll. Nun fragen sich viele in der Linkspartei, wie lange Wagenknecht weiter mit der Gründung einer Partei kokettieren wird – und wann der Punkt kommt, an dem sie den Ankündigungen Taten folgen lassen müsste.

Für diesen Fall will man vorbereitet sein: Sollte Wagenknecht tatsächlich die Partei verlassen und ein konkurrierendes Projekt starten – so das Kalkül in Führungskreisen –, dann mit so wenigen Linken-Mitgliedern wie möglich.

Auch inhaltlich grenzt sich die Linken-Führung von Wagenknecht ab

Die Leipziger Erklärung dient deshalb vor allem dazu, die Reihen zu schließen und deutlich zu machen, dass das Führungspersonal in Bund und Ländern weiter gemeinsam hinter der Partei steht. „In Leipzig haben wir geschlossen gezeigt, dass wir bereit sind, um unsere Partei zu kämpfen“, sagte Parteichefin Janine Wissler.

„Gemeinsam stehen wir für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit, die für Frieden und Klimaschutz kämpft und klare Kante gegen rechts zeigt.“ Mit der Betonung des Klimaschutzes und des Kampfes gegen rechts grenzt sich die Linken-Führung indirekt von Wagenknechts Positionen ab.

Die am Samstagabend beschlossene Erklärung erinnert an die Gründung der Partei vor 15 Jahren. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik sei es damit „gelungen, die unterschiedlichen Traditionen der Linken in einer pluralen Partei zu vereinen und die Zersplitterung zu überwinden“.

Heute sei diese historische Errungenschaft in Gefahr. Relevante Gruppen der Gesellschaft fühlten sich nicht mehr von der Partei angesprochen. Die Linke biete zu oft ein „Bild der Zerstrittenheit und gegensätzlicher Antworten“.

Der Weg zur Änderung von Beschlüssen (...) ist die Gewinnung von Mehrheiten für Entscheidungen.

Aus der Leipziger Erklärung der Linken

Wagenknecht hatte der Bundesregierung in einer Rede im Bundestag einen „Wirtschaftskrieg“ gegen Russland vorgeworfen und ein Ende der Russland-Sanktionen gefordert. Der Auftritt stieß parteiintern auf massive Kritik. Pluralität sei nicht „Beliebigkeit“, heißt es nun in der Leipziger Erklärung.

„Demokratisch gefasste Beschlüsse sind die Richtschnur für das Handeln der Partei, von Fraktionen und öffentlichen Repräsentant*innen der Partei.“ Der Weg zur Änderung von Beschlüssen seien die Debatte in der Partei und die Gewinnung von Mehrheiten für Entscheidungen. Auf dem Erfurter Parteitag hatte Wagenknecht für ihre Positionen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine keine Mehrheit erhalten.

Ziel sei es, die Linke in den im kommenden Jahr anstehenden Landtagswahlen zu stärken, erklärte die Linken-Führung in Leipzig. „Darauf richten wir unsere gemeinsamen Anstrengungen.“

Allerdings steht die Partei dabei unter großem Erfolgsdruck: Falls die Linke im Herbst 2023 aus dem hessischen Landtag fliegen sollte, dürfte das diejenigen bestärken, die der Partei keine Zukunft mehr geben. Einem der parteiintern diskutierten Szenarien zufolge könnte Wagenknecht dann eine neue Partei gründen und zur Europawahl 2024 antreten.

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