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Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein

© Britta Pedersen/dpa

Martenstein über Donald Trump: Es lebe die Wahrheit!

Donald Trump wird Präsidentschaftskandidat in den USA - obwohl es oft heißt, er sei ein Idiot. Das erinnert unseren Kolumnisten an Ronald Reagan. Der wurde von den Medien auch als unterbelichtet dargestellt.

Inzwischen ist ziemlich klar, dass in den USA Donald Trump Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird. Für die Medien, die sowieso mit einer Glaubwürdigkeitskrise zu kämpfen haben, stellt diese Tatsache einen weiteren Glaubwürdigkeitsunfall dar, vergleichbar mit dem Schweigen der Lämmer nach der Silvesternacht von Köln.

Seit Monaten lese und höre ich über Trump fast immer das Gleiche, nämlich, dass dieser Typ ein Vollidiot ist. Vielleicht ist es so, ich bin ja kein Trump-Kenner. Allerdings macht es mich misstrauisch, dass dieser Vollidiot in der Lage war, ein Dutzend Polit-Profis in seinem Wahlkampf geradezu zu demütigen. Die häufigste Begründung, die ich gefunden habe: Die Wähler von Trump seien ebenfalls Vollidioten.

Es gibt Hunderte von Spezialisten für die US-Politik. So gut wie niemand von ihnen war kompetent genug, Trump auch nur Siegeschancen einzuräumen. Die Experten, übrigens auch die in den USA, hatten keine Ahnung von der Zahl der Vollidioten, die in ihrem Spezialgebiet herumlaufen.

Als Trump Staat auf Staat gewonnen hat, wiederholten sie, bis zum Schluss, immer nur ihr Mantra – bald komme die Wende. Diese Experten erinnern stark an den Pressesprecher von Saddam Hussein, der im Fernseher noch von dem kurz bevorstehenden Sieg der Iraker faselte, als hinter ihm schon die US-Panzer durchs Bild rollten. Jetzt schwören die gleichen Experten natürlich, dass Trump keine Chance gegen Hillary Clinton habe. Na klar.

Was würde man mit Meteorologen tun, die, weil sie Sonne besser finden als Regen, täglich immer nur Sonne voraussagen? Der Hintergrund dieses Versagens besteht nämlich darin, dass so gut wie jeder Journalist Trump furchtbar findet, ähnlich wie fast jeder schlechtes Wetter schlecht findet. Das ist auch ihr gutes Recht. Es lebe die Meinungsfreiheit! Aber kann man nicht trotzdem cool bleiben und eine sachlich korrekte Analyse abliefern statt Wunschdenken? Es lebe die Wahrheit!

Weil ich alt genug bin, kann ich mich an einen ähnlichen Fall erinnern, an den Kandidaten Ronald Reagan. In den deutschen Medien wurde Reagan durchweg als geistig unterbelichtet, unberechenbar und nahezu faschistisch dargestellt. Er gilt in den USA heute als einer der besten Präsidenten seines Jahrhunderts, natürlich nur in den Meinungsumfragen.

Vermutlich ist Trump noch schlimmer als Reagan, er hat weniger Erfahrung und schlechtere Manieren. Aber an welchen Experten kann man sich in puncto Trump überhaupt noch halten? Carla Bruni hat Trump eine Zeit lang sehr gemocht. 2008 widmete sie ihren bis dahin 30 Liebhabern ein Album. Ein Song, für einen Ungenannten, enthält den Vers „Du bist mein Rauschgift, tödlicher als Heroin“ – damit kann eigentlich nur einer gemeint sein.

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