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Auf dem Weg in ein neues Leben: First Lady Michelle Obama.

© Javier Soriano/AFP

Michelle Obama: Mrs. Amerika

Die First Lady Michelle Obama ist bei den US-Bürgern sehr beliebt, auch weil sie sich gesellschaftlich engagiert. Nach dem Ende der Präsidentschaft ihres Mannes Barack will sie ihre Memoiren schreiben.

Es war wohl ihr letzter Besuch in Europa als First Lady. In Madrid hat Michelle Obama dafür geworben, dass Mädchen eine ebenso hochklassige Ausbildung bekommen wie Jungen. Dieselbe Botschaft hat sie seit Beginn der vergangenen Woche in Afrika verbreitet, in Liberia und Marokko: „Let Girls Learn!“

Die Töchter als wandelndes Vorbild

Begleitet wird sie von ihrer Mutter und ihren zwei Töchtern. Sie sind wandelnde Beispiele für die Erfolgsstory: Malia, die Ältere, ist 17, hat gerade die High School abgeschlossen, nimmt ein Jahr Auszeit, um das „wahre Leben“ außerhalb des geschützten Biotops Weißes Haus kennen zu lernen, und wird 2017 an der Eliteuniversität Harvard studieren. Dort hatte Michelle Jura studiert, ermuntert und unterstützt von ihren Eltern, denen diese Bildung vorenthalten blieb. Michelle und ihr Bruder waren die ersten in der Familie Robinson, die eine Universität absolvierten; sie stammen von Sklaven ab.

Auch die 15-jährige Sasha reist mit. Ihretwegen werden die Obamas erstmal in Washington bleiben, wenn Baracks Präsidentschaft am 20. Januar 2017 endet. Sie kehren nicht gleich nach Chicago zurück. Sie wollen Sasha einen Schulwechsel vor ihrem Abschluss ersparen.

Was kommt nach der Zeit im Weißen Haus

„Let Girls Learn“ und der Blick auf die Zeit nach der Präsidentschaft: Das sind jetzt die beherrschenden Themen für Michelle. Im Januar 2017 wird sie 53 – viel zu jung bei ihrem Tatendrang, um nach den acht Jahren als First Lady einen Ruhestand anzustreben. Zurück in den alten Beruf geht sie wohl kaum; sie gehörte zum Spitzenmanagement der Uniklinik Chicago und kümmerte sich um die Beziehungen zur direkten Nachbarschaft.

Eine politische Karriere nach dem Muster Hillary Clintons, die nach Bills Präsidentschaft erst Senatorin und dann Außenministerin wurde und nun erste Präsidentin der USA werden will, strebt Michelle nicht an. Sie hält Politik für ein schmutziges Geschäft. Ihre Begabung liegt in der Mobilisierung der Zivilgesellschaft, vom Sport über gesunde Ernährung bis zu Bildungsinitiativen.

Die Gegenbotschaft zu Donald Trump

Auch das kann hochpolitisch sein. Vor vier Wochen sprach sie vor der Abschlussklasse des City College in New York und griff, ohne Donald Trump beim Namen zu nennen, dessen Wahlkampfmethoden an: Es sei „bedrohlich“, wenn Politiker „ganze Bevölkerungsgruppen dämonisieren“. Amerika „öffnet sich nicht für Angstkampagnen. Wir bauen keine Mauern, um Menschen auszuschließen.“

Das City College ist die ärmere Schwester der berühmten Columbia-Universität. Es wurde 1847 in Harlem für die Kinder der Einwanderer und der ärmeren Bürger gegründet. Deshalb wählte Michelle es für ihre Rede. 40 Prozent der Studenten sind die Ersten in ihren Familien, die studieren – so wie sie. Für die jungen Absolventen sprach vor ihr Orruba Almansouri, eine Einwanderin aus dem Jemen. Sie hatte ihren Eltern erst die Erlaubnis abringen müssen, zu studieren statt zu heiraten. „Sie wollten mich in die Küche als Universität schicken. Ich habe um meine Ausbildung gekämpft.“

Der neue amerikanische Traum: Bildung

Bildung sei heute „der amerikanische Traum“, sagt Michelle. Die Unterschiede in der Herkunft, der Kultur, der Hautfarbe seien „kein Grund für Ängste“. Die Diversität der Einwanderer habe „die USA stark gemacht, Generation für Generation“. Einwanderer hätten Google und Ebay gegründet, die Blue Jeans und das künstliche Herz erfunden – und sogar die Nationalhymne geschrieben. „Die Architekten des Weißen Hauses und der Brooklyn Bridge waren Einwanderer.“ Auch ihr, deren Vorfahren „in Ketten nach Amerika kamen“, wie Michelle auf die Sklaverei anspielte, ist der Aufstieg gelungen.

Mit ihrer Art der politischen Bildung erreicht Michelle Spitzenwerte in der Beliebtheit. Während die Zustimmung zu ihrem Mann, dem Präsidenten, zeitweise auf 40 Prozent absank – inzwischen sind es wieder gute 50 Prozent –, blieb die Zustimmung zu ihr bei ungewöhnlich hohen 70 Prozent. Fünf Millionen folgen ihr auf Twitter und Instagramm.

In Liberia geht nur ein Drittel der Mädchen zur Schule

Auch im Ausland wirkt Michelle wie eine diplomatische Wunderwaffe. Die aktuelle Reise begann in Liberia. Der Staat in Westafrika war einst zur Wiederansiedlung befreiter amerikanischer Sklaven gegründet worden; daher der Name. Vom amerikanischen Traum ist Liberia weit entfernt. Nur etwa ein Drittel der Mädchen dort besucht eine Schule. Das geht auch anders, die Hautfarbe ist kein Hindernis für Bildung: Diese Botschaft können Sasha und Malia überzeugend verkörpern. Sie bringen eine 27 Millionen Dollar Spende aus dem Hilfsprogramm USAid für Liberias Bildungssystem mit. Der gemeinsame Auftritt mit Freida Pinto, dem Filmstar in „Slumdog Millionaire“, verleiht zusätzlichen Glamour. In Marokko, der zweiten Station, gesellte sich Oscar-Preisträgerin Meryl Streep zu Michelle, ihrer Mutter und den Töchtern.

Nach der Rückkehr von der Afrika-Spanien-Reise beginnt die politische Sommerpause. Die Obamas haben sie in den vergangenen Jahren für einen Zwei-Wochen-Urlaub auf Martha’s Vineyard genutzt, einer Insel vor der Neuenglandküste. Danach beginnt der Countdown für die letzten Monate im Weißen Haus. Barack wird einige Zeit auf den gemeinsamen Wahlkampf mit Hillary Clinton verwenden, damit sie seine Nachfolgerin wird und sein Erbe verteidigt.

Sehnsucht nach frischer Luft

Nach und nach sickern Nachrichten durch, wie Michelles Leben künftig aussehen wird. Einige ihrer Initiativen als First Lady wird sie weiterführen, zum Beispiel „Turnaround Arts“. Das Programm, das Kinder aus bildungsfernen Schichten, an Kunst heranführt, wird vom Kennedy Center in Washington übernommen. Und sie wird ihre Memoiren schreiben. Ein Millionenvertrag ist ihr sicher.
In Oprah Winfreys Talkshow hat Michelle kürzlich verraten, worauf sie sich am meisten freut: „Meine Haustür zu öffnen, ohne das vorher mit jemandem besprechen zu müssen“, sagte sie unter Anspielung auf die Sicherheitsleute. Im Weißen Haus habe sie „in einer Höhle gelebt“. Ihre Töchter hätten nicht einmal ein Fenster ohne Erlaubnis öffnen dürfen. Gewiss, die Anonymität und der komplette Verzicht auf Wachschutz kehrten nicht zurück. Aber ihre Freunde würden ihr helfen, „das echte Leben wieder zu lernen“. Sie habe gehört, draußen habe sich viel geändert in den letzten acht Jahren.

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