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Laut Stephan Weil (l.) sind mit dem Bund noch „weitere Auseinandersetzungen“ über die Flüchtlingskosten nötig.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Energiewende beschleunigen: Den Ländern ist die Ampel zu langsam – ein Sondergipfel soll das ändern

Ein Bund-Länder-Treffen nach der Sommerpause soll Tempo in die Energiewende bringen. Bei den Flüchtlingskosten lässt Kanzler Scholz die Länderchefs jedoch weiter warten.

Weil der Gegner bei dem einen Thema mauert, haben sich die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag wohl gedacht: Dann erweitern wir eben die Palette. Eigentlich ist ihnen derzeit vor allem wichtig, mehr Geld des Bundes zur Deckung der Flüchtlingskosten in die Etats der Länder und Kommunen zu lenken. Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ampel-Koalition sind der Meinung, dass dort schon genügend Mittel vorhanden sind.

Vor vier Wochen hat die Bundesregierung daher das Begehren der Länder nach einem „atmenden System“ bei der Finanzierung der Flüchtlinge abgeblockt. Statt einer Bundesfinanzierung nach den jeweiligen Zahlen – also mehr Geld, wenn mehr Flüchtlinge kommen – blieb es damals nur bei der Zusage, fix eine Milliarde Euro bereitzustellen in diesem Jahr.

Bei Treffen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit dem Kanzler am Donnerstag war wenig mehr zu erwarten. Denn im Mai hatten sich beide Seiten darauf verständigt, die Sache bis November weiterzuverhandeln und sich dann zu verständigen.

Und so ist der Stand auch nach der vierstündigen Runde geblieben. Es sei eine „weitere Auseinandersetzung“ nötig, meinte der Chef der MPK, der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), hernach etwas süffisant.

Die Länder wollen jetzt Nägel mit Köpfen

Stephan Weil, Ministerpräsident

Immerhin: MPK-Vize Hendrik Wüst, CDU-Regierungschef in Nordrhein-Westfalen, berichtete, dass der Bund zugestanden habe, dass es in diesem Jahr wohl mehr als die bisher prognostizierten 250.000 Flüchtlinge sein werden, die nach Deutschland kommen. Und es werde an einem „atmenden System“ gearbeitet in der Arbeitsgruppe von Bund und Ländern. Ob dieses dann auch kommt im November – es ist weiter unklar.

Weil sie wussten, dass Scholz sich bei den Flüchtlingsfinanzen nicht bewegen wird (das hängt auch mit den schleppenden Etatgesprächen in der Ampel zusammen), brachte die MPK ein ganz anders Thema auf die Tagesordnung des Treffens mit dem Kanzler. Seit Monaten warten die Länder nämlich darauf, dass die Ampel-Koalition bei der Beschleunigung von Planungsverfahren und Genehmigungen ihre Vorschläge vorlegt.

Es ist ein Vorhaben, das im Koalitionsvertrag vereinbart worden war – nicht zuletzt für eine schnellere Energiewende sollte alles etwas fixer gehen. „Es wird nichts entschieden beim Pakt für Beschleunigung“, stellte Weil vor dem Treffen fest. „Die Länder wollen jetzt Nägel mit Köpfen.“ Wüst hatte unter Anspielung auf einen von der Ampel für ihre Politik reklamierten Begriff hinzugesetzt: „Deutschland-Tempo ist gut, aber es funktioniert nicht, wenn der Tempomat des Bundes auf null gestellt ist.“

„Pakt für Beschleunigung“

Die Forderung der Länderchefs lautete daher, es müsse demnächst einen Sondergipfel zu diesem Thema geben. Den wird es nun tatsächlich geben, und zwar nach der politischen Sommerpause. Scholz hat wohl erkannt, dass seine Regierung hier langsam liefern muss.

Einen „Pakt für Beschleunigung“ wollen Bund und Länder dann schließen. Teil dessen soll sein, dass ein Wasserstoffnetz aufgebaut wird. Zudem soll es ein „Monitoringsystem“ beim Ausbau der erneuerbaren Energien geben, um allen Seiten einen Überblick zu geben, wie weit dieser Ausbau in welcher Region gediehen ist.

Problem Industriestrompreis

Ein zweiter Punkt, bei dem die MPK Druck machen wollte: der Preis für Industriestrom. Weil wies darauf hin, dass viele deutsche Unternehmen, die energieintensiv produzieren, also vor allem in den Branchen Chemie und Stahl, auf dem Weltmarkt mit Unternehmen konkurrieren, in deren Ländern Strom billiger sei.

Bliebe es so, drohe Deutschland ein industrieller Substanzverlust. Die Bundesregierung müsse hier zügig „entschiedene Maßnahmen“ ergreifen, forderte der niedersächsische Regierungschef. Er verwies dabei auf Steuervorteile, wie es sie in Italien und Spanien gebe.  

Wüst schlug vor, den Firmen über Direktvermarktungsverträge mit Erzeugern Zugang zu billigerem Strom zu ermöglichen. Frankreich mache dies mit Atomstrom, in Deutschland könnte man solche Verträge mit Offshore-Anbietern ermöglichen, weil deren Windstrom billiger sei. Doch bräuchten die Unternehmen dafür Planungssicherheit, sagte Wüst. Aber darüber wurde in der Runde mit Scholz am Ende nur wenig geredet.

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