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Feuer frei: Syrische Rebellen fordern seit langem militärische Unterstützung vom Westen. Doch Deutschland hält nichts davon, diesem Wunsch nachzukommen.

© Reuters

Kurswechsel in den USA: Obama liefert Waffen für Rebellen nach Syrien

Lange haben die USA gezögert. Doch nun erwägen sie offiziell, sogenannte einfache Waffen an Syriens Opposition zu liefern. Zu hoch stiegen die Opferzahlen in den vergangenen Tagen, als dass man sich weiter aus dem Bürgerkrieg heraushalten könne.

Unter dem Eindruck wachsender Opferzahlen im syrischen Bürgerkrieg und des Verdachts, dass das Regime Chemiewaffen einsetzt, verändern die USA ihre Haltung. Sie erwägen nun erstmals offiziell, Waffen an die Opposition zu liefern. „Dies ist keine statische Situation. Wir müssen ständig unsere Optionen abwägen“, sagte Verteidigungsminister Chuck Hagel in einer Pressekonferenz mit seinem britischen Kollegen Philip Hammond im Pentagon. Unter Berufung auf hohe Mitarbeiter der Regierung berichten US-Medien, dass die USA sich auf die Lieferung von Gewehren und anderen einfachen Waffen vorbereiten und prüfen, welche Oppositionsgruppen dafür infrage kommen. Bisher haben sie die Aufständischen nur mit sogenanntem nicht tödlichen Gerät wie Computern, Mobiltelefonen und Nachtsichtgeräten sowie mit Geld unterstützt.

Präsident Barack Obama sagte bei seinem Besuch in Mexiko, er halte sich in der Syrienpolitik „alle Optionen“ offen. „Wir sollten sichergehen, dass wir hinschauen, bevor wir springen, und sichergehen, dass das, was wir tun, auch tatsächlich hilfreich ist.“

Die Hauptsorge der USA ist, dass Waffen in die falschen Hände fallen und später einmal gegen westliche Soldaten eingesetzt werden könnten. Wie schon in Afghanistan und Libyen gehören zum Widerstand gegen das Regime auch islamistische Kämpfer, die nach einem Umsturz der alten Ordnung keine demokratische Entwicklung anstreben und die Vereinigten Staaten als Feind betrachten. Experten in den USA betonen, man müsse sorgfältig prüfen, an wen man Waffen liefere.

Mit der Veränderung der amerikanischen Syrienpolitik wächst das Risiko für die deutsche Außenpolitik, im praktischen Umgang mit den Umbrüchen in der arabischen Welt erneut ins Abseits zu geraten. Vor allem Großbritannien, aber auch Frankreich rücken vom Beschluss der EU ab, keine Waffen an die syrische Opposition zu liefern. Die Befürworter einer umfassenderen Hilfe argumentieren: Wenn der Westen schon nicht militärisch eingreifen wolle, um die Zivilbevölkerung vor Massakern und Giftgaseinsätzen zu schützen, solle er die Opposition zumindest in die Lage versetzen, sich gegen die Regierungstruppen zu verteidigen. Außenminister Guido Westerwelle hält dagegen an dem Embargo fest.

Während des Konflikts in Libyen hatte die Bundesregierung im März 2011 scharfe Kritik auf sich gezogen, als sie im UN-Sicherheitsrat anders abstimmte als ihre engsten Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien, die sich unter dem Eindruck des Vormarschs der Truppen des Machthabers Gaddafi auf Bevölkerungszentren der Opposition zur Intervention entschlossen. Diplomaten sagten damals, im deutschen Außenministerium sei der Politikwechsel der Verbündeten nicht rechtzeitig ernst genommen worden. Westerwelle wird die USA in der kommenden Woche besuchen.

Die Debatte in den USA wird durch neue Meldungen über mögliche Kriegsverbrechen in Syrien vorangetrieben. Die syrische Opposition berichtete am Freitag, regierungstreue Milizen und reguläre Truppen hätten im Dorf Al Baidha südlich der Stadt Banias ein Massaker an Zivilisten verübt. Dabei seien Hunderte getötet worden. Am Freitag soll es dort weitere Razzien gegeben haben, bei denen Schüsse zu hören waren. Es gibt bisher keine Bestätigung für diese Angaben aus unabhängigen Quellen.

Die Bewohner der Stadt Banias sind überwiegend Alawiten, sie haben also dieselbe Konfession wie Präsident Assad. In mehreren Dörfern südlich von Banias wohnen dagegen mehrheitlich sunnitische Muslime. Am Aufstand gegen das Assad-Regime beteiligen sich viele Sunniten. Die oppositionelle Nationale Syrische Koalition warf der internationalen Gemeinschaft vor, sie sehe untätig zu, wie das Regime Kriegsverbrechen begehe.

Die Aussichten, den Bürgerkrieg durch eine ausgehandelten Machtwechsel zu beenden, sinken unterdessen. Der mit der Vermittlung beauftragte UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi möchte sein Amt niederlegen, berichten Diplomaten am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Der 79-jährige Algerier hatte das Amt im August 2012 von Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan übernommen. Annan hatte seine Vermittlungsbemühungen aufgegeben, weil er angesichts der Ausweitung der Kämpfe und wachsender Opferzahlen keinen ausreichenden Raum für Kompromisse mehr sah. Die Opposition verlangt den Rücktritt Assads, einen vollständigen Machtwechsel und die Bestrafung aller, die für Kriegsverbrechen verantwortlich sind. Das Regime betrachtet die Aufständischen als Terroristen. Mehr als 70 000 Menschen sind in Syrien gestorben, Millionen Syrer sind aus ihren Heimatorten geflohen.

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