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Kein Zweifel. Ein palästinensischer Junge hält bei einer Demonstration bei Bethlehem ein Plakat hoch mit dem Text: Wir haben das Recht auf einen eigenen Staat.

© AFP

Palästina: Enthaltung für den Frieden

Im UN-Sicherheitsrat wird es offenbar nicht genug Ja-Stimmen für eine Aufnahme Palästinas in die UN geben – damit bliebe den USA ein Veto erspart.

Das Tauziehen und der Druck hinter den Kulissen hat sich gelohnt: Die USA werden wahrscheinlich kein Veto im UN-Sicherheitsrat einlegen müssen, um zu verhindern, dass die Generalversammlung aufgefordert wird, einen Staat Palästina aufzunehmen. War die Autonomiebehörde, die den Antrag am 23. September gestellt hatte, zunächst davon ausgegangen, dass die neun erforderlichen JaStimmen im Sicherheitsrat zusammenkommen, so hat Außenminister Riad Malki am Dienstag zugegeben, dass dies wohl nicht mehr der Fall sei. Die massive Intervention der USA habe dazu geführt, dass vermutlich nur acht Ja-Stimmen zusammenkommen. Damit bliebe den USA erspart, ihr Veto einzulegen, was ihr den Unmut der arabischen Welt zuziehen würde.

Mit Spannung wurde dennoch am Freitag der Bericht des Sicherheitsratsausschusses zur Prüfung von Mitgliedsanträgen erwartet, der untersucht, ob die formalen Voraussetzungen für eine Vollmitgliedschaft erfüllt sind. In einem Zwischenbericht hat es nach Medieninformationen geheißen, die 15 Mitgliedsländer des Sicherheitsrates hätten sich nicht auf eine einheitliche Position einigen können. Debattiert worden sei vor allem die Frage, welche Grenzen des neuen Staates gelten sollten. Befürworter nennen die Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt; die Gegner lehnen einen Vorgriff auf Friedensverhandlungen, die es allerdings seit Jahren nicht mehr gibt, ab. Auch die Friedfertigkeit des neuen Staatswesens wurde kontrovers diskutiert: Befürworter sehen in der Politik der Autonomiebehörde den Beweis dafür, dass die Palästinenserregierung „friedliebend“ sei. Gegner des Antrag verweisen auf die islamistische Partei Hamas, deren Friedfertigkeit sie infrage stellen. Allerdings ist die Hamas nicht nicht die offizielle Regierung der Autonomiebehörde.

Nach palästinensischen Angaben haben bisher acht Staaten zugesichert, für eine Aufnahme zu stimmen: China, Russland, Brasilien, Indien, Südafrika, der Libanon, Nigeria und Gabun. Die USA und Deutschland hatten von Beginn an angekündigt, sie würden gegen den Antrag stimmen. Auch von Kolumbien wird erwartet, dass es mit Nein stimmt. Frankreich und Großbritannien dagegen kündigten in den letzten Tagen an, dass sie sich enthalten würden – auch im Hinblick auf eine gemeinsame europäische Position. Daher kann man davon ausgehen, dass auch Bosnien-Herzegowina und Portugal sich enthalten werden.

Spannend ist, ob Deutschland aus diesem Grund seine Vorfestlegung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel schon im März beim Besuch des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu getroffen hatte, revidieren wird und sich auch enthält. Inzwischen scheint nämlich auch in der Bundesregierung der Unmut darüber zu wachsen, dass ihre Vorleistungen bei der israelischen Regierung nicht zu größerer Offenheit geführt haben. Vielmehr torpediert Israel durch den massiv fortgesetzten Siedlungsbau eine Zwei-Staaten-Lösung und Friedensgespräche systematisch. Und es wird immer schwieriger zu erklären, warum man die Zwei-Staaten-Lösung unterstützt, den Antrag aber ablehnt, obwohl die Palästinenser laut Berichten der Weltbank über ausreichende staatliche Institutionen und zwischenstaatliche Beziehungen verfügen.

Auch Frankreich windet sich, denn überraschend hatte Paris in der vergangenen Woche bei der Abstimmung in der Unesco für die Aufnahme Palästinas gestimmt. Bis zuletzt hatte Frankreich dies als „verfrüht“ abgelehnt. „Aber als sich die Frage stellte, mussten wir unsere Verantwortung übernehmen und sachlich antworten“, sagte Regierungssprecher Bernard Valero. Und da war Frankreich der Ansicht, dass „Palästina das Recht hat, Mitglied der Unesco zu werden, einer Organisation, deren Aufgabe es ist, eine Kultur des Friedens in der internationalen Gemeinschaft zu verbreiten“. Im UN-Sicherheitsrat dagegen wollen sich die Franzosen enthalten. Man habe keine Wahl, wenn man eine weitere Zuspitzung und Konfrontation verhindern wolle, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Romain Nadal vergangene Woche. Denn die USA würden ansonsten ohnehin ihr Veto einlegen und damit die Positionen verhärten.

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