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Viele Stühle blieben leer – das Bundesverfassungsgericht bei der Verhandlung am Dienstag.

© dpa/Uwe Anspach

Prozess um staatliche Finanzierung: Wie die NPD ihre letzte Unterstützung verliert

Die rechtsradikale Kleinpartei verweigerte einen Auftritt vor dem Bundesverfassungsgericht. Er hätte wohl auch wenig geändert.

Die Absage kommt um kurz vor acht Uhr am Dienstagmorgen. Die NPD, die seit ein paar Wochen unter neuem Namen als „Die Heimat“ firmiert, kommt nicht zu ihrem Prozess nach Karlsruhe. Es erwarte sie dort kein fairer Prozess, teilte sie mit.

So fehlte ein wichtiger Akteur bei einer wichtigen Premiere. Zum ersten Mal verhandelte das Bundesverfassungsgericht an diesem Tag den Ausschluss einer Partei aus dem System staatlicher Teilfinanzierung. Den Antrag dazu hatten Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat gestellt.

Es ist ein Verfahren, das erst durch das Gericht selbst möglich wurde. Als ein Verbotsantrag gegen die Partei in Karlsruhe 2017 scheiterte, sprach der Zweite Senat in seinem Urteil dazu die Möglichkeit an, verfassungsfeindliche Parteien stattdessen vom Staatsgeld abzuschneiden.

Das vorliegende Verfahren ist das erste dieser Art.

Doris König, Gerichtsvizepräsidentin

In der Politik traf die Idee auf Zuspruch. So gelangte ein neuer Absatz in den Grundgesetzartikel 21: „Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen.“ Auch Steuervorteile entfallen.

Entscheidend sollen die Worte „darauf ausgerichtet“ sein. Denn diese Hürde ist geringer als die für ein Verbot, für das Parteien und Anhänger „darauf ausgehen“ müssen, die Grundordnung zu beseitigen. Das Verbot war 2017 nur gescheitert, weil die NPD keine realistische Chance hatte, ihre Ziele zu erreichen – sie war schlicht zu klein und zu erfolglos. An ihrer Verfassungsfeindlichkeit hatten die Richter keine Zweifel.

Es sei der Bevölkerung noch nie zu vermitteln gewesen, dass Verfassungsfeinde Steuergeld erhalten, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Innenministerin Nancy Faeser warnte vor dem aus ihrer Sicht gefährlichsten Extremismus, dem rechten. Der Prä­si­dent des Bun­des­ra­tes, Pe­ter Tschent­scher, meinte, der Staat dürfe keine Partei fördern, die ihn zersetzen wolle.

Assistiert wurden die drei vom Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Seine Aufgabe war, Zweifel zu zerstreuen, die in einem ersten Verbotsverfahren gegen die NPD 2003 zum Scheitern führten. Damals wurde deutlich, dass die Leitungsebenen der Partei teils von staatlichen Spitzeln durchdrungen waren.

Das sei ausgeschlossen, betonte Haldenwang nun vor Gericht. Zudem brauche man solche nachrichtendienstlichen Methoden nicht, es genügten öffentlich zugängliche Quellen. „Die NPD macht uns die Beobachtung leicht.“

Auch ihr neuer Name wird der Ex-NPD wohl kaum helfen. Im Kern sei es dieselbe Partei, erklärte der Extremismusforscher Steffen Kailitz von der TU Dresden. Die Losung des Vorsitzenden Frank Franz „wir sind lieber verfassungsfeindlich als volksfeindlich“ gelte weiterhin.

Die AfD gräbt der Partei das Wasser ab, sagt ein Forscher

Erfolge erzielt die Partei keine. Die AfD mit ihren nationalistischen Konzepten „gräbt ihr das Wasser ab“, sagte Kailitz. Bei den letzten Bundestagswahlen 2021 habe sie 0,1 Prozent der Stimmen erreicht.

Damit entfiel vorerst auch die staatliche Finanzierung, die an die erreichten Stimmenzahlen anknüpft. Dennoch halten Regierung, Bundesrat und Bundestag an ihrem Antrag fest – es könnten ja wieder andere Zeiten kommen. Außerdem profitiere die Partei weiterhin von Steuervorteilen.

Während Kailitz eine „Partei im Zerfall“ sieht, warnte Christoph Kopke von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht, dass sich die NPD auch wieder erholen könne. Kennzeichnend für sie sei aktuell weniger ihr Antisemitismus als ihre Islam- und Migrantenfeindlichkeit. Seit 2020 sei zu beobachten, dass die Partei mit dem Corona-Thema punkten wolle.

Richter Peter Müller, Berichterstatter im Verfahren, erwähnt die umfängliche Materialsammlung mit 450 Belegen, die die Antragsteller vorgelegt hätten. Nur ein paar davon hätten die NPD-Vertreter bestritten. Es wirkt wie ein klarer Fall. Zwei Verhandlungstage hatte das Gericht angesetzt, nur einer wurde gebraucht. Das Urteil wird nun in einigen Monaten erwartet.

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