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Richter Jens Maier im Jahr 2016 bei einem Verfahren um NPD-kritische Äußerungen eines Wissenschaftlers.

© dpa/Sebastian Kahnert

Rauswurf des AfD-Richters Maier: Für die Justiz muss es eine Art Notwehr geben

Beim AfD-Politiker Jens Maier endet die Freiheitlichkeit des Rechtsstaats. Dennoch taugt der Fall nicht für Forderungen, Beamte politisch zu durchleuchten.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Wohl zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik soll ein Richter aus politischen Gründen in den Ruhestand. Er heißt Jens Maier, saß vier Jahre für die AfD im Bundestag und ist in dieser Zeit durch Gerede aufgefallen, das ihn als jemanden ausweist, der sich vom Grundgesetz entfernt hat. Oder ihm nie nah war.

Müssen sich Richterinnen und Richter den Mund verbieten, wenn sie einen Ausflug in die Politik unternehmen? Nein, müssen sie nicht. Das zuständige Gericht hat nun aber klargestellt, dass amtliche Mäßigungspflichten, auch wenn sie in dieser Zeit ruhen, nie vollständig darniederliegen.

Zwar untersagt die Verfassung, Abgeordnete für ihre Äußerungen im Bundestag zur Verantwortung zu ziehen. Sie lässt aber zu, Politiker für das verantwortlich zu machen, was sie abseits des Parlaments herauslassen.

Wenn Angeklagte ‘AfD-Richter’ fürchten, haben wir alles richtig gemacht.

Jens Maier, damals AfD-Abgeordneter, in einem Tweet

Bei Richter Maier, dem Abgeordneten, war es von Übel. Ein Deutscher mit dunklerer Hautfarbe war für ihn ein „kleiner Halbneger“, Kopftuch tragende Frauen sind „Schleiereulen“. Maier litt nach eigenem Bekunden am „Schuldkult“, wie er den Umgang der Bundesrepublik mit der mörderischen Nazi-Vergangenheit nannte, er warnte vor „Mischvölkern“.

In manchen Kreisen ist man vorschnell dabei mit dem Vorwurf rassistischer Hetze. Hier trifft er zu. Hetze war Maiers politisches Kapital. Sein einziges.

Es ist die Justiz selbst, die vor Maier geschützt gehört

Ein politischer Scharfmacher muss nicht automatisch ein Scharfrichter sein. Dennoch ist das Richteramt ein Staatsamt, das von der Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der Menschen lebt, die es ausfüllen. Das muss deutlich werden, darauf muss man vertrauen können.

Richter Maier ist nicht untragbar geworden wegen seiner inneren Einstellungen, sondern weil deren äußeres Bekunden die Justiz als solche beschädigt. Die Justiz selbst ist es, die vor Maier geschützt gehört. Es war Notwehr.

Der Fall Maier ist deshalb kein Musterfall für Forderungen, Beamte stärker auf ihre Verfassungstreue hin zu überprüfen. Er eignet sich auch nicht dafür, Missstände im Richterdienst aufzuzeigen. Maier ist, soweit bekannt, ein Sonder- und Extremfall. Wie es aussieht, wird die Justiz mit ihm fertig.

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