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Ex-Kohl-Biograf Heribert Schwan

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Update

Rechtsstreit mit Ex-Biograf Heribert Schwan: Altkanzler Helmut Kohl gewinnt vor Gericht

In seinem Bestseller "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" hatte Autor Heribert Schwan zahlreiche drastische Zitate von Altbundeskanzler Helmut Kohl wiedergegeben. Das Kölner Landgericht urteilte nun, dass er viele davon streichen muss.

Im Streit um seine abfälligen Zitate über politische Weggefährten kann Altkanzler Helmut Kohl (CDU) einen vorläufigen Sieg verbuchen. Das Landgericht Köln hat seinem Biografen Heribert Schwan, dessen Co-Autor Tilman Jens und dem Verlag des Buches „Vermächtnis - die Kohl-Protokolle“ untersagt, den überwiegenden Teil der dort verwendeten 115 Äußerungen weiter zu veröffentlichen. Es gab damit den Anträgen auf einstweilige Verfügungen überwiegend statt. Schwan hatte das Material aus Interviews mit Kohl, die ursprünglich für die Abfassung der Memoiren gedacht waren. Von dem Anfang Oktober erschienenen Buch hat der Verlag bislang 200 000 Stück ausgeliefert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Schwan und sein Verlag haben bereits Berufung eingelegt.
In der Urteilsverkündung betonte der Vorsitzende Richter Martin Koepsel, es sei eine „Geheimhaltungsabrede“ aus den Verträgen herauszulesen, die Kohl und sein Ghostwriter Schwan für die Erstellung der Memoiren unterzeichnet hätten. Gegen Jens und den Verlag Random House habe Kohl Unterlassungsansprüche, weil seine Persönlichkeitsrechte verletzt worden seien.
Die Richter bewerteten alle Äußerungen für sich und machten dabei zwischen Schwan auf der einen sowie Jens und dem Verlag auf der anderen Seite noch einen weiteren Unterschied. So habe Schwan mit der Unterschrift unter den Memoiren-Vertrag wirksam darin eingewilligt, dass seine Grundrechte aus der Meinungs- und Pressefreiheit zurückträten. In Bezug auf Jens und den Verlag sei dagegen das öffentliche Interesse an den Äußerungen in manchen Fällen höher zu bewerten als das Geheimhaltungsinteresse von Kohl. Deshalb darf Jens den Kanzler jetzt in Einzelfällen weiterhin zitieren, während Schwan dies vorerst verboten bleibt.

Kohls Anwalt Thomas Hermes warf Schwan nach dem Urteil vor, er sei ein „Verräter“ und „Dieb geistigen Eigentums“. Er habe moralisch extrem unanständig und schäbig gehandelt. Das Buch werde die Verfahrensgegner noch „sehr, sehr teuer zu stehen kommen“, sagte er mit Blick auf mögliche Schadensersatzforderung. Verlagsjustiziar Rainer Dresen entgegnete, Hermes überschreite mit seinen moralischen Vorwürfen „eine Grenze, die ein Anwalt eigentlich aus guten Gründen nicht überschreiten sollte.“ Der Kanzler und seine Anwälte hätten Wochen gebraucht, um ein Gericht zu finden, dass ihre Ansicht wenigstens in Teilen unterstütze. Tatsächlich hatte die Pressekammer des Landgerichts einen Antrag abgelehnt, mit dem Kohl die Auslieferung des Buches verhindern wollte. Ein Verbot des gesamten Buches sei angesichts des Zitatanteils nicht gerechtfertigt, hieß es damals. Daraufhin ging Kohl gegen Einzelzitate vor, ein Streit, der in die Zuständigkeit der Urheberrechtskammer des Landgerichts fiel. Die hatte bereits Erfahrung mit dem Fall Kohl: Sie verfügte, dass Schwan die Tonbänder mit den Kohl-Gesprächen an den Altkanzler herausgeben musste. In der Sache änderte sich dadurch jedoch wenig, da Schwan Kopien und Abschriften angefertigt hatte. Anders als jetzt hatten die Kölner Richterkollegen zuvor keine Geheimhaltungsabrede aus den Verträgen herauslesen dürfen. Eine Entscheidung, die vor dem Berufungssenat am Oberlandesgericht wohl Bestand gehabt hätte, der damals den Kohl-Anwälten riet, Rechtsmittel zurückzunehmen. Nun muss derselbe Senat auch über die aktuelle Berufung entscheiden. Am Ende bliebe Verlag und Autor noch eine Beschwerde vor dem Verfassungsgericht.

Schwan hatte Mitschnitte und Protokolle von Gesprächen mit Kohl angefertigt, die zur Verfassung der Memoiren des Altkanzlers dienen sollten. Im März 2009 kündigte Kohl die Zusammenarbeit mit dem Journalisten auf. In dem Buch "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" wird er mit drastischen Äußerungen über frühere Weggefährten zitiert, darunter die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). (mit AFP)

Dass sich das Gericht zugunsten von Helmut Kohl entscheiden würde, zeichnete sich im Verlauf der Verhandlungen bereits ab (siehe hier Tagesspiegel-Bericht von Ende Oktober)

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