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Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat den Ökonomen Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt

© AFP PHOTO / UFFICIO STAMPA PRESIDENZA DELLA REPUBBLICA / PAOLO GIANDOTTI

Regierungsbildung in Italien: Vom Sparkommissar zum Regierungschef auf Zeit

Carlo Cottarelli wird seinen italienischen Landsleuten und der EU nur eine kurze Verschnaufpause verschaffen können. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dominik Straub

Er hatte es kommen sehen: „Ich glaube nicht, dass sich die Parteien auf eine stabile Regierung werden einigen können; ich glaube eher, dass es eine Übergangsregierung geben wird, die baldige Neuwahlen vorbereiten muss“, erklärte Carlo Cottarelli wenige Tage nach den italienischen Parlamentswahlen vom 4. März. Cottarelli sollte mit seiner Prognose Recht behalten.

Dass er persönlich diese Übergangsregierung anführen sollte, konnte er nicht ahnen. Und er wollte es auch nicht glauben, als Staatspräsident Sergio Mattarella Anfang Mai schon einmal die Bildung einer Notregierung erwogen hatte und sein Name prompt als möglicher Premier genannt wurde. „Eher ruft mich Inter an, um mir zu sagen, dass ich Mauro Icardi als Stürmerstar ersetzen soll“, wehrte der eingefleischte Fan von Internazionale Mailand entsprechende Gerüchte ab. Inter hat nicht angerufen – dafür am Sonntagabend Mattarella.

Cottarelli hat sich als Sparkommissar einen Namen gemacht

Obwohl er nie Politiker war oder werden wollte, hat er sich als Sparkommissar in der Regierung von Enrico Letta einen Namen gemacht. Der hatte ihn 2013 damit beauftragt, im notorisch klammen italienischen Staat nach Quellen der Geldverschwendung zu suchen. Der 64-jährige Ökonom, der einen Drittel seines Lebens beim Internationalen Währungsfonds verbracht hatte, machte zügig Einsparungsmöglichkeiten im Umfang von 34 Milliarden Euro aus.

Sein Dossier musste Cottarelli dann aber Matteo Renzi übergeben, der seinen Parteifreund Letta aus dem Amt gedrängt hatte. Renzi zeigte wenig Interesse für die Sparvorschläge. Dabei hatte nur das Kapitel „mysteriöse Geldflüsse zur Finanzierung des politischen Systems“ 107 Seiten umfasst. Von den vorgeschlagenen 34 Milliarden Euro wurden nur knapp zehn Milliarden tatsächlich eingespart.

Diametral andere Haushaltspolitik als die Populisten

Haushaltspolitisch vertritt Cottarelli die diametral entgegengesetzte Position zur geplatzten Regierungskoalition aus Cinque Stelle und Lega: Wirtschaftswachstum durch eine Aufblähung der Schulden zu erreichen, hält er für eine „Illusion“. Cottarelli hat ausgerechnet, was die Wahlversprechen von Cinque Stelle und Lega gekostet hätten. Er kam auf Mehrbelastungen des Haushalts zwischen 108 und 125 Milliarden Euro, bei geplanten Gegenfinanzierungen von gerade einmal 550 Millionen Euro. Derartige Experimente sind unter Cottarelli nicht zu erwarten - aber mehr als eine Atempause wird er seinem Land nicht verschaffen können.

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