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Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

© Reuters/Christian Mang

Späte Waffenlieferungen an die Ukraine: Ein „Ich schäme mich zutiefst“ stünde auch dem Kanzler gut an

Wirtschaftsminister Habeck hat sich in einem vertraulichen Gespräch mit Selenskyj für das Zögern bei den Waffenlieferungen entschuldigt. Das Kanzleramt reagiert brüskiert. Alles gut? Mitnichten.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Zu wenig, zu spät – ja, dafür kann man sich schon mal schämen. Gut, dass Robert Habeck, Vizekanzler der Ampel, das jetzt in der Ukraine gesagt hat.

Deutschland hätte früher mehr tun können. Denn man hätte wissen können, wenn man hätte wissen wollen. Wollte vor dem Kriegsausbruch im Februar 2022 aber keiner.

Da wollte lieber niemand mit dem belästigt werden, was Habeck bei seinem Besuch schon gesehen, im Sinne von erkannt, hatte: dass Militärhilfe gegen Russland nötig werden würde. Und das war ein Jahr vor Kriegsausbruch.

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Einerlei, nun wird geliefert. Und der, der die ganze Zeit gedrängt werden musste – Bundeskanzler Olaf Scholz – macht mit. Länger hat es gedauert, erheblich länger, als es gut war für Deutschland und seinen Ruf in der Welt.

Unfreiwillig hat Habeck noch einmal die Uneinigkeit in der Ampelkoalition bloßgelegt. Und zwar, weil der Sprecher des Sozialdemokraten umgehend so reagiert, wie es Scholz entspricht: Alles war richtig, Zeitpunkt, Umfang der Waffenlieferungen, „immer das Richtige, immer zum richtigen Zeitpunkt“.

Dass Joe Biden, der US-Präsident, nach Grünen und Freidemokraten auch noch seinen Teil dazu beitragen musste, den Kanzler zu bekehren – davon will der nichts mehr wissen. „Sehr gut abgestimmt“ findet Scholz das Vorgehen. Allerdings findet er ja auch, dass alles gut war. Aber nichts ist gut in der Ukraine.

Mag es bei Vizekanzler Habeck auch verstecktes Selbstlob sein – seht her, ich hab’s vor euch allen gewusst, besser als der Kanzler – , es ändert doch nichts an den Tatsachen.

Die sind hart: Hätten wir Deutschen früher geliefert, Waffen, Hilfsgüter aller Art, wären weniger Ukrainer gestorben. Dann stünde das Land heute im Krieg gegen Russland vermutlich deutlich besser da.

Diese Verantwortung tragen wir, und stellvertretend fürs Land trägt sie die Bundesregierung. Ein „ich schäme mich zutiefst“ stünde auch dem Kanzler deshalb gut an. Stattdessen bleibt einstweilen nur Fremdscham über dessen Selbstlob. Aber für bessere Einsicht ist es nie zu spät.

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