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Das zerstörte Krankenhaus in der Provinz Idlib, das von "Ärzte ohne Grenzen" unterstützt wird.

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Update

Syrien: Die Türkei fordert den Einsatz von Bodentruppen

Während der westen zunehmend den Einsatz von Bodentruppen in Syrien fordert, droht Russland mit einem umfassenden, langen Krieg.

Die Türkei fordert im Syrien-Konflikt den Einsatz von Bodentruppen. Nur so sei es noch möglich, den seit fünf Jahren dauernden Bürgerkrieg zu beenden, sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag vor Journalisten. Das Nato-Mitglied werde allerdings nicht alleine handeln. Es gebe Beratungen mit den Alliierten des Anti-IS-Bündnisses, darunter die USA. Derzeit greift die von den USA geführte Koalition vermutete Stellungen der Islamisten-Miliz IS aus der Luft an. Russland setzt seine Luftwaffe aufseiten von Präsident Baschar al-Assad ein.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatte am Freitag Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate um Entsendung von Elitetruppen für den Kampf um die syrische Stadt Rakka gebeten. Das Königreich hat sich dazu grundsätzlich bereiterklärt. Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew warnte daraufhin, ein Einsatz ausländischer Bodentruppen werde zu einem umfassenden, langen Krieg führen.

Die UN verurteilen Angriffe auf Krankenhäuser scharf

Die Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in Syrien rücken weiter in die Ferne. Bei Raketenangriffen auf Kliniken und Schulen im Norden Syriens wurden am Montag nach UN-Angaben fast 50 Zivilisten getötet. Der syrische Präsident Baschar al Assad zeigte sich skeptisch zu der von der internationalen Kontaktgruppe angestrebten Feuerpause für sein Land. Laut Regierungskreisen in Damaskus wollte der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura am Dienstag Außenminister Walid Muallem treffen.

Röttgen: "Russland braucht noch mehr Zeit"

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU), rechnet angesichts der jüngsten Entwicklung nicht mit der Einhaltung der Waffenruhe zum vereinbarten Zeitpunkt. "Ich bleibe skeptisch, dass Russland willens ist, in absehbarer Zeit von der rücksichtslosen Anwendung militärischer Gewalt in Syrien abzulassen", sagte Röttgen dem Tagesspiegel. Die russische Regierung versuche damit machtpolitische Fakten zu schaffen. "Da diese noch nicht den russischen Zielen entsprechen, braucht Russland noch mehr Zeit", meinte der CDU-Politiker. Die Bombardierung von Krankenhäusern sei "ein besonders erschütterndes Beispiel dafür, mit welchen Mitteln das russische Militär dabei vorgeht". Zu Assads Aussage, in kurzer Zeit sei die Waffenruhe nicht umzusetzen, meinte er: "Nachdem Russland Assad wieder gestärkt hat, ist es nicht überraschend, dass er nun seine Macht wieder ausweiten und auch Territorien wiedergewinnen will, die er schon verloren hatte."

Bei den Raketenangriffen auf Kliniken und Schulen seien auch zahlreiche Menschen verletzt worden, teilten die UN mit. Demnach wurden am Montag mindestens fünf medizinische Einrichtungen und zwei Schulen in Aleppo und Idlib getroffen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von "eklatanten Verstößen gegen internationales Recht" und sagte, die Angriffe würden "ein Schatten" auf die Bemühungen um ein Ende des seit fast fünf Jahre dauernden Bürgerkriegs werfen.

Auch Washington verurteilte die Luftangriffe. Eine der Kliniken war demnach eine von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen betriebene Einrichtung, die andere ein Kinder- und Frauenkrankenhaus in der Stadt Asas nicht weit von der türkischen Grenze.

Der syrische Botschafter in Moskau warf den USA vor, für den Angriff auf das von Ärzte ohne Grenzen betriebene Krankenhaus in Idlib verantwortlich zu sein. Russland habe nichts damit zu tun, es handele sich um einen "Propaganda-Krieg" der USA, sagte Riad Haddad dem staatlichen russischen Fernsehen.

Das zerstörte, von "Ärzte ohne Grenzen" unterstützte Krankanhaus in Idlib nach dem Bombardement.
Das zerstörte, von "Ärzte ohne Grenzen" unterstützte Krankanhaus in Idlib nach dem Bombardement.

© dpa

Assad ist pessimistisch, was die Waffenruhe angeht

In der Praxis sei es "schwierig", über eine Feuerpause zu reden, sagte Assad laut der amtlichen Nachrichtenagentur Sana am Montag. Die Syrien-Kontaktgruppe wolle zum Ende der Woche eine Waffenruhe. "Wer ist fähig, alle Bedingungen binnen einer Woche zu schaffen? Niemand."

Aus Regierungskreisen in Damaskus verlautete, de Mistura sei am Montag in die syrische Hauptstadt gereist und wolle dort am Dienstag Muallem treffen. Bei den Gesprächen solle es um den geplanten Waffenstillstand und den Zugang zu Hilfslieferungen gehen. Auch die für Ende Februar geplante Wiederaufnahme der Genfer Friedensgespräche sei Thema.

Die Syrien-Kontaktgruppe hatte sich in der Nacht zum Freitag in München auf eine Feuerpause in dem Bürgerkriegsland verständigt, die binnen einer Woche in Kraft treten soll. Der Kampf gegen die IS-Miliz und andere radikale Gruppen soll aber fortgesetzt werden. Laut der Vereinbarung sollte die Gewalt in dem Bürgerkrieg "sofort reduziert" werden. Davon kann jedoch bislang keine Rede sein.

Zudem verschärft sich der Ton zwischen der Türkei und Russland zunehmend. Moskau warf Ankara am Montag wegen seiner Angriffe auf kurdische Einheiten und syrische Regierungstruppen Unterstützung des "internationalen Terrorismus" vor. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bezichtigte Russland, sich wie "eine Terrororganisation" zu verhalten.

Die türkische Armee beschießt seit Tagen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) im Norden Syriens, um zu verhindern, dass sie ihr Gebiet ausdehnen. Ankara betrachtet die YPG als syrischen Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), während der Westen sie als wichtigen Verbündeten gegen die Dschihadisten sieht. Russland fliegt seit Ende September zur Unterstützung der syrischen Armee Luftangriffe auf Dschihadisten und andere Rebellen in Syrien.

Derweil eroberten die von Kurden geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) nach Angaben von Aktivisten die strategisch wichtige Stadt Tall Rifaat in der nordsyrischen Provinz Aleppo aus der Hand von Rebellen. Das teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit, deren Angaben vor Ort kaum zu überprüfen sind. Damit halten die Rebellen nur noch wenige Bastionen in Aleppo, darunter Marea östlich von Tall Rifaat und die Grenzstadt Asas. (AFP/Reuters)

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