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Harald Martenstein.

© picture alliance / dpa

Terror und Flüchtlinge: Wir brauchen Angst, aber keine Panik

Wir sollen im Angesicht des Terrors keine Angst haben? Anders als Panik ist diese ganz nützlich, glaubt Harald Martenstein. Ein Kommentar.

Pauschale Urteile über Menschengruppen sind immer falsch und ungerecht. Schuld ist immer an eine Person gebunden, einen Täter. Eine bestimmte Menschensorte kann niemals pauschal schuldig sein. Als Deutscher, der in der Nachkriegszeit aufgewachsen ist, habe ich eine gewisse Vorstellung von der Lage, in der die Muslime jetzt sind. Man wurde damals im Ausland immer mit den Naziverbrechen in Verbindung gebracht. Das hat mir nicht gefallen – was hatte ich denn mit dieser Scheiße zu tun? Ich bin danach geboren, verdammt! Aber es war wohl irgendwie unvermeidlich. Die Nazis waren nun mal Deutsche.

Jetzt heißt es, man darf die Themen „Terror“ und „Flüchtlinge“ auf keinen Fall miteinander in Verbindung bringen. Sorry, von Denkverboten halte ich nicht viel. Die meisten Terroristen sind nun mal Muslime, und die meisten Flüchtlinge sind es auch. Wenn eine Gruppe mit Kalaschnikows ein Hotel stürmt, „Allahu Akbar“ ruft und das Feuer eröffnet, kann man ziemlich sicher sein, das es sich nicht um Buddhisten handelt oder Zeugen Jehovas. Auch die meisten Opfer solcher Verbrechen sind Muslime, und viele flüchten vor genau diesem Terror, das sollte nicht unerwähnt bleiben.

Die Aussage, dass der Islamismus nicht das Geringste mit dem Islam zu tun hat, gehört allerdings in die Kategorie „fromme Lügen“. Würde irgendwer behaupten, die Nazis hätten nichts mit Deutschland zu tun gehabt, seiner Tradition des Gehorsams, seinem nationalen Minderwertigkeitsgefühl, seinem Antisemitismus? Daraus folgt, wie gesagt, keine pauschale Schuldzuweisung. Aber man muss vorsichtig sein. Am Flughafen werden alle Passagiere gescannt, obwohl vielleicht nur einer von zehn Millionen die Absicht hat, eine Bombe zu zünden. So etwas nennt man nicht „Pauschalverdacht“, sondern „Vorsichtsmaßnahme“.

Angeblich sind etwa 300 000 Menschen unregistriert in dieses Land eingereist, meist Muslime, man kennt weder ihren Namen noch ihren Aufenthaltsort. Die meisten werden friedlich sein, aber wenn nur 50 von ihnen IS-Kämpfer sind, wird es Katastrophen geben. Unsere Regierung hat in einem Ausmaß versagt, für das ich keine höflichen Worte finde. Nun kommt es darauf an, bei der Integration die Fehler der Franzosen zu vermeiden, keine Ghettos, keine Perspektivlosigkeit, gute Erziehung, Offenheit und Freundlichkeit. Vielleicht klappt es. Fehler werden natürlich immer gemacht, das war auch bei der Wiedervereinigung so.

Ich lese oft, dass man keine Angst haben soll. Angst ist, anders als Panik, in kritischen Situationen eigentlich ganz nützlich, sie macht vorsichtig. Deshalb hat die Evolution fast alle Lebewesen mit Angst versehen. Es gab mal einen Vogel, der vor keinem Menschen Angst hatte, die Dronte. Sie ist ausgestorben.

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