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Stimmungsmache gegen Moscheen. Protestaktion der rechtsradikalen Organisation "Pro Köln" im November 2009

© dpa

Trotz Verdacht des Extremismus: Verfassungsschutz löscht Infos zu "Pro Köln" aus Berichten

Das Bundesinnenministerium hat im Verfassungsschutzbericht Informationen zur rechtsradikalen "Bürgerbewegung pro Köln" gelöscht. Nun prüft die Bundesregierung eine Gesetzesänderung, um künftig auch über Verdachtsfälle extremistischer Bestrebungen öffentlich berichten zu können.

Von Matthias Meisner

Die Verfassungsschutz-Beobachtung der rechtsradikalen Organisation "Bürgerbewegung pro Köln" hatte das Bundesverwaltungsgericht Ende Juni ausdrücklich für möglich erachtet. Zugleich entschieden die Leipziger Richter damals aber, dass Organisationen nicht im Verfassungsschutzbericht auftauchen dürfen, die nur des Extremismus verdächtigt werden. Inzwischen hat das Bundesinnenministerium die Vorgaben der Richter umgesetzt. In einer dem Tagesspiegel vorliegenden Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke berichtete das Innenministerium, die Ausführungen zur "Bürgerbewegung pro Köln" und zur Partei "Pro NRW" seien in den Internetfassungen der Verfassungsschutzberichte 2008 bis 2011 gelöscht worden, "Druckfassungen werden nicht mehr weiter verbreitet". Damit abfinden mag sich die Bundesregierung aber nicht. Sie werde eine Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes prüfen, heißt es in ihrer Antwort an Jelpke.

Zunächst geklagt hatte die anti-islamische "Bürgerbewegung Pro Köln", die sich an den Kommunalwahlen in der Domstadt beteiligt und die seit 2004 mit einer Fraktion im Stadtrat vertreten ist. Im Gesetz ist geregelt, dass der Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über "Bestrebungen und Tätigkeiten" verfassungsfeindlicher Organisationen aufklären soll. Das Gesetz bestimme jedoch "nicht hinreichend", dass dies auch Fälle betrifft, "in denen tatsächliche Anhaltspunkte erst einen Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ergeben", gibt das Innenministerium inzwischen zu - eine entsprechende Fußnote wurde in die Druck- und die Internetfassung des aktuellen Verfassungsschutzberichtes eingefügt.

Verdacht gegen "Pro NRW" erhärtet

Die Erwähnung der Partei "Pro NRW" im Verfassungsschutzbericht 2012 ist noch Gegenstand eines laufenden Klageverfahrens. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2012 des Bundes wird diese Partei allerdings als erwiesen rechtsextremistisch genannt, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erst vor wenigen Tagen erklärte. Der Verdachtsfall habe sich erhärtet.

Die Ländergesetze enthalten andere Regelungen

Widersprüchlich sind auch die Regelungen zwischen den Gesetzen für den Verfassungsschutz im Bund und die Behörden der Länder. Das Innenministerium schreibt in seiner Antwort an die Linke, dass es in mehreren Bundesländern durchaus möglich ist, auch über Verdachtsfälle öffentlich zu berichten. Eine entsprechende Befugnis sei etwa im Gesetz über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen enthalten. Auch das Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Schleswig-Holstein regele, dass eine Verdachtsberichterstattung möglich sei.

Linkspartei spricht von rechtsextremen Krawallmachern

"Pro Köln" hatte unter anderem ein Bündnis "Städte gegen Islamisierung" gegründet, auch Kongresse gegen den Bau von Moscheen und gegen "islamische Parallelgesellschaften" organisiert. Die Linken-Politikerin Jelpke warnte, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu "Pro Köln" als Sieg dieser "fremden- und islamfeindlichen Splittergruppe" zu betrachten. "Um zu erkennen, dass ,Pro Köln' und seine Klone ,Pro NRW' und ,Pro Deutschland' rechtsextreme Krawallmacher sind, braucht es allerdings keinen Verfassungsschutz", sagte Jelpke dem Tagesspiegel: "Dafür reichen Augen im Kopf." Denn die "Pro"-Gruppen machten ihren Wahlkampf auf dem Rücken der Schwächsten, der Flüchtlinge und Asylbewerber. "Und versuchen auf das Primitivste, die vielen in Deutschland lebenden Muslime zu provozieren."

In den vergangenen zehn Jahren gab es laut Bundesinnenministerium einen weiteren Fall, in dem eine Vereinigung gegen ihre Erwähnung im Verfassungsschutzberichtes des Bundes klagte. 2007 wollte die Partei "Die Republikaner" durchsetzen, dass sie nicht mehr als rechtsextremistische Partei in dem Bericht aufgeführt wird. Der Rechtsstreit endete mit einem Kompromiss. In einem nicht öffentlichen gerichtlichen Mediationsverfahren wurde laut Innenministerum "eine differenzierte Darstellung" der Partei in den Verfassungsschutzberichten für 2005 und 2006 ausgehandelt, "aufgrund der im Jahr 2007 festgestellten Entwicklung wurde von einer Berichterstattung über die Partei im Verfassungsschutzbericht abgesehen."

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